Etliche Spanier definieren Eigentum ein wenig … na sagen wir mal: gewöhnungsbedürftig.
Um das zu erklären, gehe ich mit einem sehr anschaulichen Beispiel
gleich in medias res:
Wir hatten Handwerker:
A. und B., zwei junge Deutsche, und X., ein etwa gleichaltriger Spanier.
Beide „Parteien“ standen mit ihren Autos auf unserem Hof, die Kofferraum-Türen geöffnet, im Innenraum Material, Handwerkzeug …
Das Miteinander klappte sehr gut, will sagen, man hörte sie pausenlos erzählen, albern, lachen.
Bis, ja bis X. (der Spanier) sich ungewöhnlich lange an seinem Auto aufhielt, zunehmend hektisch in irgendwelchen Sachen kramend, schließlich aufge- bracht zu den beiden deutschen „Jungs“ lief und ohne Vorwarnung eine mittelschwere, lautstarke Wortkanonade abfeuerte.
Vorsichtig – man will ja nicht unbedingt ins Schussfeld geraten - steckte
ich den Kopf heraus, da ging es aber auch schon in meine Richtung los:
„Annette, stell Dir vor! So eine Unverschämtheit! A. und B. haben sich ein-fach Werkzeug aus meinem Wagen genommen! Ohne zu fragen!“
Dann ging es, an die Delinquenten adressiert, weiter: „Das macht Ihr nicht noch einmal! Das ist meins! Das Werkzeug habe ich mir gekauft! Und das war teuer!“
Oha!! Da zog ich mal lieber wieder schnell den Kopf ein – aber nach guter spanischer Sitte hatte X. seinen Kollegen nun die Meinung gesagt, die Luft war gereinigt und alles wieder gut! Erst mal!
Denn ein paar Stunden später herrschte folgendes Szenario:
X., der vorhin so empörte Spanier, stand suchend am geöffneten Kofferraum von A.'s Wagen.
Das interessierte mich ja nun doch und ich schlenderte zu ihm hin: „Na, X., suchst du was?“
„Ja, meine Scheibe für den Winkelschleifer tut's irgendwie nicht mehr richtig. Ich weiß, dass A. und B. eine neue dabeihaben.“ Sprach's, hatte sie entdeckt und zack war sie in seinen Besitz übergegangen.
Ganz vorsichtig fragte ich an, ob das denn o.k. sei oder er nicht lieber erst mal die beiden „Jungs“ fragen wolle … ich meine, es war eine ganz neue Scheibe, die sie sich gekauft hatten, ...
„Nein, nein, das ist schon o.k., ich leg' sie ja nachher wieder zurück!“
Was er allerdings nicht von sich aus tat, sondern erst nach einer Gedächt- nisauffrischung!
Man selbst sollte, wenn man Handwerker hat, alles, was man nicht in anderen Händen sehen möchte, tunlichst zugriffsicher verwahren! Denn
alles – sei es Handwerkzeug oder Material - was wo auch immer sichtbar herumsteht, ist Allgemeingut und wird wie selbstverständlich benutzt, in der Regel ungefragt.
Wenn man Glück hat, bekommt man die Geräte wieder unaufgefordert zurück, und wenn man ganz viel Glück hat, auch noch heil und sauber!
Ein ganz spezieller Fall in Sachen „Eigentum“ ist „unser“ Olivenbauer – darüber habe ich in Teil 2 geschrieben.
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