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Elmar Traks

Elmar Traks

Arnold, Uwe-Christian – Letzte Hilfe: Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben (2014)

Der Berliner Arzt Uwe-Christian Arnold setzt sich bereits seit Mitte der 90-er Jahre intensiv mit den Themen humanes Sterben und Sterbehilfe auseinander.

Seine zentralen Fragen sind dabei folgende:

Darf der mündige Mensch, der sein Leben selbst in die Hand nimmt, nicht auch sein Sterben selbst in die Hand nehmen,

wenn das Leben unerträglich geworden ist?

Und soll ihn ein Arzt auf dem letzten Weg begleiten dürfen?

Darf ein Arzt Beihilfe leisten zum Suizid?“ (Klappentext)

Da er davon überzeugt ist, dass jeder Mensch das Recht auf ein würdiges Ende hat, begleitet er schon seit langem schwer leidende Menschen und hilft ihnen verantwortungsbewusst, selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden.


Dabei befürwortet er keineswegs die aktive Sterbehilfe, also die Tötung

auf Verlangen, sondern fordert vielmehr, dass Mediziner unter bestimmten Voraussetzungen schwer Kranke beim Freitod begleiten dürfen. Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland zwar bereits legal, jedoch untersagen die meisten Bundesärztekammern ihren Mitgliedern dies per Berufsordnung ausdrück-lich und belegen sie bei Zuwiderhandlung mit drastischen Sanktionen bis hin zum Entzug der ärztlichen Approbation.


Unterstützt von dem Philosophen, Schriftsteller, Mitbegründer und Vor-standssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon,

hat U.-C. Arnold in diesem Buch seine und die Position der Sterbehilfe-Gegner detailliert dargelegt.


Das Werk umfasst 3 große Abschnitte:


Teil 1 “Aus der Praxis eines Sterbehelfers” beschreibt U.-C. Arnolds Tätigkeit. Er erklärt, warum Menschen um Letzte Hilfe bitten, wie er zum Sterbehelfer wurde und schildert seinen Streit mit Gericht und Ärztekammer.


Teil 2 trägt die Überschrift “Das selbstbestimmte Sterben und seine Gegner”. Hier zitiert und analysiert er den Eid des Hippokrates und stellt ihn dem Genfer Gelöbnis gegenüber. Er geht ausführlich auf die Kassandra-Rufe der Sterbehilfe-Gegner ein, schildert die Position der Kirche und gibt einen Abriss der geschichtlichen Entwicklung zum Thema Sterbehilfe.


Plädoyer für ein Sterben in Würde” lautet der 3. Teil. Arnold begründet, warum Sterbehilfe eigentlich Lebenshilfe ist. Und er nennt wichtige Grund-lagen für eine Selbstbestimmung am Lebensende, bevor er mit einem Aufruf, sich für ein Recht auf Letzte Hilfe einzusetzen, endet.


Der Autor veranschaulicht seine Aussagen in allen Kapiteln mit zahlreichen Fallbeispielen. Diese verdeutlichen nicht nur, warum es für Leidende so wichtig ist, die Option zu haben, selbstbestimmt und würdevoll aus dem Leben scheiden zu können. Sie zeigen auch, warum diese Möglichkeit eng mit dem Ausbau der Palliativ-Betreuung verbunden sein muss.


Resümee: Obwohl der Autor mit dem Untertitel “Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben” schon eindeutig Stellung bezieht, ist dies kein einseitiges Buch.

Im Gegenteil: Pro- und Contra-Positionen werden fundiert und umfassend dargelegt, die jeweiligen Hintergründe erläutert.

Durch diese - zahlreiche Aspekte beleuchtenden und viele gesellschaftliche Gruppen mit ihren jeweiligen Interessen betreffenden - Ausführungen wird der Leser in die Lage versetzt, sich mit dem sehr komplexen Thema aus-einanderzusetzen.


Deutlich kristallisierte sich für mich heraus,


dass Lebensverlängerung vielfach gleichbedeutend mit Leidens- und

Sterbeverlängerung ist,


dass es daher in Fällen, in denen eine Erkrankung unausweichlich zu Tod

führt, jedem Menschen als einzigem Souverän über sein Leben, erlaubt sein muss, selbstbestimmt zu sterben, statt seine letzte Zeit in Qual und Würdelosigkeit zu fristen,


dass es ein Unding ist, wenn andere - allen voran Ärzte, medizinische

Einrichtungen, Kirche und Staat - sich in solchen Fällen anmaßen zu bestimmen, wann und unter welchen Bedingungen der Kranke sterben darf,


dass diesem Ansinnen meist massive wirtschaftliche - und keineswegs

humane! - Interessen zugrunde liegen,


dass es für ein selbstbestimmtes Sterben und dessen Rechtmäßigkeit

unerlässlich ist, dass der Patient alle für seine Entscheidung relevanten Informationen bekommt - im besten Falle von einem verantwortungs-bewussten, ihn betreuenden Arzt und


dass er in diesem Rahmen auch über Alternativen aufgeklärt werden

muss.


Aber “was für ihn eine würdige Existenz bedeutet und ob sein Leben die Mühen noch wert ist, die mit ihm verbunden sind” (Seite 207), das kann

und darf allein der Betroffene “als der absolute Souverän seines eigenen Lebens” (ebda.) entscheiden, indem er sein im Grundgesetz verbrieftes Recht auf Selbstbestimmung wahrnimmt.


Fazit: Ich habe dieses Buch gelesen, um mich über das aktuelle Thema Sterbehilfe genauer zu informieren und Pro- und Contra-Positionen besser kennenzulernen. Diesen Anspruch hat es absolut erfüllt.


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Kommentare: 1
  • #1

    Manfred Frank (Freitag, 29 Mai 2015 15:16)

    Nein. Dem kann ich nicht zustimmen. Die eigene Position legt der Autor fundiert dar. Auf der anderen Seite stellt er sich jedoch nicht wirklich den Gegenpositionen, sondern argumentiert nur gegen die Argumente, mit denen fertigzuwerden glaubt. Ansonsten unterstellt er denen, die seiner Argumentation nicht folgen, sehr schnell unethische, also wirtschaftliche oder weltanschauliche Motive und tut so, als wäre er selbst frei von weltanschaulichen Motiven, was bei einem engagierten Mitstreiter der Giordano-Bruno-Stiftung wohl getrost bestreitet werden darf.