_______________________

 

Webmaster u.v.a.m.

Elmar Traks

Elmar Traks

Berg, Eric – Das Küstengrab (2014)

Die grundverschiedenen Schwestern Lea und Sabina verbrach-ten ihre Kindheit und Jugend vor der Wende auf der Ostsee-Insel Poel. Lea gehörte einer Clique von Gleichaltrigen an, die sich regelmäßig in einer Ruine – von ihnen „Palast“ genannt – traf, und in Julian fand sie ihre erste große Liebe. Die 6 Jahre ältere Sabina dagegen war immer eine Außenseiterin. Unmittelbar nach dem Mauerfall – Lea war gerade 18 geworden – verunglückten ihre Eltern tödlich, Julian und sie trennten sich und kurz darauf verschwand er spurlos. Die junge Frau dagegen lernte den Argentinier Carlos kennen, dem sie in seine Heimat folgte. Der Kontakt zur Schwester und den Freunden brach damals ab.

Nun, 23 Jahre später, erhält Lea, inzwischen geschieden und eine erfolg-reiche Fotografin, einen Anruf, der sie veranlasst, sofort nach Poel zu reisen.  

Doch das Wiedersehen mit Sabina und den Jugendfreunden, die – bis auf Julian, dessen Schicksal unklar ist - alle noch im gleichen Ort leben, endet tragisch: Bei einem schweren Auto-Unfall kommt Sabina ums Leben, Lea wird lebensgefährlich verletzt. Nach etlichen Operationen und langem Kran-kenhausaufenthalt körperlich zwar wieder hergestellt, leidet sie jedoch an Amnesie. Das heißt, sie kann sich weder erinnern, wie es zu dem Unfall gekommen ist, noch warum sie nach fast einem Vierteljahrhundert in ihre alte Heimat zurückgekehrt und was während ihres kurzen Aufenthaltes dort geschehen ist.


4 Monate später sucht sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus die Insel erneut auf, um mit Hilfe der Freunde diese Lücken zu schließen. Doch deren Berichte und Verhalten werfen nur noch mehr Fragen auf. Zutiefst verunsichert, wem sie glauben soll und trauen kann, bekommt die Frau allmählich das Gefühl, dass den anderen ihre Amnesie gar nicht ungelegen kommt, da sie offenbar etwas vor ihr verbergen wollen. Aber Lea gibt nicht auf und nähert sich langsam der furchtbaren Wahrheit.


Resümee: Die Handlung ist dramaturgisch hervorragend angelegt:

2 Handlungsstränge machen den Leser in Rückblenden nach und nach mit den Ereignissen vor 23 Jahren bzw. während Leas Besuch vor 4 Monaten vertraut. Eine dritte Ebene schildert die gegenwärtige Entwicklung aus Sicht der mittlerweile gut 40-jährigen Frau. Je weiter das Geschehen fortschreitet, um so mehr bewegen sich die Stränge aufeinander zu, um am Schluss end-lich vollständig miteinander zu verschmelzen.


Die stets präsenten zentralen Fragen sind dabei zum einen, was mit dem einst spurlos verschwundenen Julian geschehen ist; wird sein Schicksal jemals geklärt werden? Andere betreffen die einstigen Zukunftsträume der mittlerweile erwachsenen Freunde: Konnten sie verwirklicht werden, unter welchen Bedingungen geschah oder misslang dies, wie haben die jeweiligen Entwicklungen das Leben jedes Einzelnen und ihre Beziehungen zueinander beeinflusst?


Dabei fand ich die zugrunde liegende Thematik an sich schon sehr inter-essant: Lea leidet an einer Gedächtnisstörung, kann sich nicht erinnern, warum sie vor 4 Monaten zum ersten Mal nach 23 Jahren wieder in ihre

alte Heimat zurückgekehrt ist, was sich während der kurzen Zeit ihres Besuchs ereignet hat und wie es zu dem schweren Unfall gekommen ist.

Sie ist auf die Infos der so unterschiedlichen ehemaligen Freunde ange-wiesen, weiß aber nicht, wem sie glauben kann. In Kombination mit den oben genannten zentralen Frage ist dies eine psychologisch höchst

brisante Konstellation.


Hinsichtlich der Spannung muss man differenzieren:

Der Handlungsverlauf wird umso spannender, je weiter das Geschehen fortschreitet und erreicht nach einigen überraschenden Wendungen seinen Höhepunkt gegen Schluss. Anfang und Mittelteil dagegen sind schwerpunkt-mäßig auf die Ausarbeitung und Entwicklung der ganz unterschiedlichen Charaktere der Protagonisten ausgerichtet. Dies ist unter menschlich-psychologischen Aspekten enorm spannend, da man einen „Knall“ an-gesichts der vielen zutage tretenden Reibungspunkte und Verstrickungen kommen sieht. Beides – Spannung durch den Geschehensverlauf und

durch die psychologische Pointierung der Charaktere – kumuliert am Schluss.


Fazit: Ein in vielerlei Hinsicht spannendes Buch mit einer interessanten

  Thematik!


Kommentar schreiben

Kommentare: 0