Ein Friesland-Krimi
Auf der im Allgemeinen recht beschaulichen ostfriesischen
Insel Spiekeroog kommt es neuerdings immer wieder zu Sachbeschädigungen und Tätlichkeiten, sogar Feuer wird gelegt.
Hat Josua, der Sohn der neu hinzugezogenen „Anker“-Wirtin etwas
damit zu tun?
Man erzählt sich nämlich, dass er 2 Jahre zuvor in ihrer Wohnung auf dem Festland einen Brand verursacht haben soll, bei dem sein Vater ums Leben kam.
Und welche Rolle spielt der charismatische Pastor der freikirchlichen Ge-meinschaft, der in flammenden Predigten seine Zuhörer auf die Erhaltung von Recht und Ordnung einschwört? Die Kommissare Freda Althuis und Thomas Berg haben sorgar den Verdacht, dass er die Insulaner gegen Josua aufhetzt und nehmen ihn ins Gebet.
Dann werden auch noch die Frau und die kleine Tochter eines Schlager-stars vermisst, der auf Spiekeroog Urlaub macht. Da an den Sänger eine Geldforderung gestellt worden ist, liegt der Verdacht einer Entführung nahe.
Resümee: Zwar ist der Begriff „Kriminalroman“ nicht klar umrissen definiert, da es fließende Übergänge zu anderen Genres und zahlreiche Untergat-tungen gibt. Unstrittig ist jedoch, dass (ein) Verbrechen und die Aufklärung im Mittelpunkt stehen müssen.
Und genau diese beiden Punkte sind im vorliegenden Werk nicht eindeutig gegeben:
Es darf ganz stark angezweifelt werden, ob es sich bei den begangenen Taten um „Verbrechen“ handelt, also um Delikte, die lt. §12 Abs. 1 Straf-gesetzbuch mindestens mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr geahndet werden.
Bei den im Buch begangenen Übertretungen handelt es sich in erster Linie um „Vergehen“ (§12 StGB Abs. 2), die unter den Begriff „Sachbeschädi-gung“ fallen und hier zudem noch nach dem Jugendstrafrecht behandelt werden würden.
Die Kommissare machen sich auch gar nicht erst die Mühe, die Täter zu ermitteln. Im Gegenteil: Beim Eingang der entsprechenden Meldungen fühlen sie sich gestört, tun die Schäden nach vorgenommenen Besichti-gungen als Lappalien ab, die leicht zu beheben sind.
Die Körperverletzung an Josua durch Gleichaltrige wird nicht angezeigt, somit also nicht polizeilich verfolgt, würde vermutlich sogar als Folge einer Prügelei abgetan werden.
Eine Ausnahme bildet das Legen zweier Brände, davon einer mit Todes-folge.
Der Täter muss hier allerdings nicht ermittelt werden (wegen der Spoiler-gefahr führe ich dies nicht weiter aus), ebenso wie die vermutete Entführung sich ohne polizeiliche Recherchearbeit durch ein Gespräch klärt.
Einige Inselbewohner kommen den beiden Kommissaren zwar suspekt vor, daher reden sie ihnen gelegentlich ins Gewissen – aber das ist es auch schon.
Es fehlt eine Handlung, die sich um kriminalistische Ermittlertätigkeit, das aus ihr hervorgehende Präsentieren von Verdächtigen, Legen von Fährten, Wendungen usw. dreht. Es mangelt einfach an allem, was Spannung er-zeugen könnte und den Leser in das Geschehen einbindet.
Hinzukommt, dass es besonders am Anfang sehr schwer ist, die Personen auseinanderzuhalten - zum einen, weil sehr viele gleichzeitig eingeführt werden, zum anderen, weil sie sowohl mit Vor- und Nachnamen, dann wieder abwechselnd nur mit ihrem Vor-oder Nachnamen genannt werden; die Zuordnung ist hier teilweise nur durch Zurückblättern möglich.
Außerdem bleiben die Charaktere ausgesprochen farblos.
Schlichtweg unmöglich ist es allerdings, wenn ein schwer verletztes Brand-opfer, von dem der Arzt nicht weiß, ob es überleben wird, in wohlformulier-ten, zusammenhängenden Sätzen ohne zu stocken ein längeres Gespräch führen kann.
Fazit: kein Krimi, vielleicht ein anspruchsloser Milieu-Roman.
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