Die spektakulärsten Fälle des Sprachprofilers
Die Sprache eines Menschen ist einzigartig und daher so verräterisch wie sein Fingerabdruck; denn auch bei größter Mühe kann sie nicht konsequent von jemand anderem imitiert
werden. Das sagt Raimund H. Drommel, ein renommierter Sprachprofiler.
Er bestimmt durch wissenschaftliche Sprach-Analysen die Urheber von Texten und trägt damit wesentlich zur Aufklärung der unterschiedlichsten Delikte bei.
In diesem Buch schildert er interessante Fälle.
• Verleumdung auf Amtsdeutsch: Ist Dieter Holzen tatsächlich ein böswilliger
Verleumder, der die örtliche Polizei in einem Schreiben an das Innen-ministerium als einen undisziplinierten Haufen darstellt?
• Erzwungene Briefe: Stammt der letzte Brief von Sabine Gessner wirklich
von ihr selbst?
• Wer steckt hinter dem Tod eines Anwalts, der sich von seiner Familie
verabschiedet, um noch kurz etwas zu erledigen, aber nicht zurück-kehrt? Können Abschiedsbriefe des Toten Aufschluss geben?
• Das Kapitel Rien ne va plus! behandelt die niedersächsische Spielbanken-
Affäre Ende der 80-er / Anfang der 90-er Jahre. Wer ist der Verfasser eines in diesem Zusammenhang wichtigen Schreibens?
• Uwe Barschels Ende ist für viele immer noch ungeklärt: Selbstmord oder
doch Mord? Die Klärung der Authentizität seines Schreibens an den damaligen Bundesfinanzminister und schleswig-holsteinischen CDU-Vorsitzenden Gerhard Stoltenberg kann den Weg weisen.
• Als Rubbelkomplott wurde einst die Affäre um die hessische Lotterie-
Treuhandgesellschaft bezeichnet. Wer steckt hinter einem Schreiben, das schwere Anschuldigungen gegen den Geschäftsführer enthält?
• Wer hat das Erpresser-Schreiben im Fall Lösegeld im Tunnel verfasst?
• Möllemanns pfiffige Idee: Wurde der Inhalt eines Briefes an Aldi-Filialen,
in dem der damalige Bundeswirtschaftsminister Jürgen W. Möllemann für ein "pfiffiges" Produkt wirbt, tatsächlich von ihm autorisiert oder auf Blanko-Bögen mit seiner Unterschrift verfasst?
• Das Kapitel Puppenspieler zeigt deutliche Parallelen zu Jörg Kachelmann,
der der Vergewaltigung beschuldigt und angeklagt wurde. In dem im Buch dargestellten Fall konnte R. Drommel wesentlich zur Aufklärung beitragen.
• Hatte Tim K. seinen Amoklauf an einer Schule in Winnenden wirklich im
Internet angekündigt?
• Wer versucht mittels Cyberstalking die Existenz eines Unternehmens zu
ruinieren?
• Handelt es sich bei einem Textdokument, das in einem Tierschutzprozess
eine wichtige Rolle spielt, tatsächlich um ein Bekennerschreiben der Animal Liberation Front?
Resümee: Nachdem ich einen Vortrag des Autors besucht hatte, war ich so-wohl von dem Thema forensische Linguistik als auch vom Engagement Raimund Drommels fasziniert.
Wie auf der Veranstaltung, so wird auch im vorliegenden Buch deutlich, was Sprachprofiling leisten kann: Minimalistisch ausgedrückt geht es darum, mit wissenschaftlichen Methoden Basisprofile der Urheber von Texten zu er-stellen, um sie der Täterschaft überführen und Unschuldige entlasten zu können.
Raimund Drommel gilt als der "Vater" der forensischen Linguistik - er hat eine exakte, gerichtsverwertbare Art des Profilings entwickelt und zur wis-senschaftlichen Disziplin erhoben. Ob seines weltweiten Renommees sei ihm ein starker Hang zur Selbst-Beweihräucherung nachgesehen.
Dieses Werk ist kein Fachbuch, das sich an Spezialisten richtet, sondern
ein Sachbuch, das reale Fälle schildert und dem Laien in unterhaltsamer Form Einblick in das umfangreiche Themengebiet gibt. Es werden nur so viele Fachbegriffe wie nötig verwendet und dabei verständlich erklärt.
Die fraglichen Textdokumente sind originalgetreu abgebildet, sodass der Leser das Geschilderte nicht nur gut nachvollziehen, sondern sich evtl. vorab selbst Gedanken machen kann.
Viel Gewicht legt der Autor dabei auf eine detaillierte Gesamt-Schilderung der jeweiligen Fälle. Bei aller Exaktheit ist dies ausgesprochen spannend und unterhaltsam, oft allerdings in Anbetracht der eigentlichen Thematik des Buches - Sprachprofiling - viel zu ausführlich. Die Darstellung der Analyse-Methoden nimmt häufig vergleichsweise wenig Raum ein.
So umfasst das Kapitel zu Uwe Barschel beispielsweise gut 40 Seiten, wobei aus linguistischer Sicht lediglich die Klärung der Frage von Bedeutung ist, ob Barschel selbst der Verfasser des Briefes an Stoltenberg ist.
Vor dem Hintergrund, dass der Autor mehrmals wiederholt, dass die Sprache eines Menschen so individuell und daher unverwechselbar wie
sein Fingerabdruck sei, halte ich den Buchtitel für reißerisch überzogen:
Es kann demnach nicht den "Code des Bösen" geben.
Fazit: Für mich bildete dieses Buch einen Appetit auf mehr machenden
Einstieg in das Thema forensische Linguistik / Sprachprofiling.
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A.T. (Sonntag, 23 April 2017 09:56)
Am 11. April 2017 wurde in Dortmund ein Anschlag auf den Mannschaftsbus des Fußballvereins Borussia Dortmund (BVB) verübt. Am Tatort wurden 3 textgleiche sogenannte Bekennerschreiben gefunden.
Bei "123recht.net" ist am 21.04.2017 ein sehr interessantes, ausführliches Interview mit dem Sprachprofiler Herrn Prof. Dr. Raimund H. Drommel und Kriminaldirektor a.D. Willy Burgmer zur Auswertung dieses Schreibens im Hinblick auf die Täterschaft erschienen:
http://www.123recht.net/Bombenanschlag-auf-BVB-Bus-eine-kriminalistische-Analyse-__a158176.html
Am Morgen des 21.04.2017 wurde als Tatverdächtiger der 28-jährige Deutsch-Russe Sergej W. festgenommen. Das Tatmotiv soll Habgier gewesen sein.