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Elmar Traks

Elmar Traks

Shem, Samuel - House of God (2007)

Roman

 

Nach Abschluss seines Medizinstudiums an der Best Medical School beginnt der knapp 30 Jahre alte Dr. Roy Basch voller Enthusiasmus sein praktisches Jahr im House of God, einem Bostoner Krankenhaus.

Doch er ist nicht auf den häufig zermürbenden Klinik-Alltag vorbereitet und weitestgehend auf sich alleine gestellt, denn von erfahreneren Kollegen bekommt er kaum Unterstützung. Er stellt fest, dass es den wenigsten Ärzten um die Kranken geht, menschliche Zuwendung fast gänzlich fehlt. Im Gegenteil: Um möglichst wenig Arbeit mit ihnen zu haben, bemüht man sich, sie möglichst schnell in andere Abteilungen abzuschieben.

 

Untersuchungen werden oft ohne entsprechende Indikation vorgenommen, dienen vielfach ausschließlich wirtschaftlichen Interessen. Oder sie werden so dilettantisch durchgeführt, dass der Patient noch mehr leidet. Nicht selten generieren Behandlungen neue Krankheiten, sodass eine fatale Abwärts-Spirale entsteht, die mit dem Tod endet.

 

So bleibt Roy Baschs Idealismus schnell auf der Strecke, sein Krankenhaus-Alltag gleicht immer mehr einem Trip durch die Hölle, einem nicht enden wollenden Albtraum.

 

Einzig ein etwas dubioser ranghöherer Arzt, nur "der Dicke" genannt, weiht ihn in die zum Teil skurril anmutenden Regeln des House of God ein und gibt pragmatische Ratschläge.

 

Dank ihm bewältigt Roy Basch das Jahr - ein Kommilitone dagegen begeht Selbstmord. Aber auch Freundin Berry und zahlreiche sexuelle Affären - vor allem mit Krankenschwestern - helfen ihm über die Zeit.

 

Resümee: Samuel Shem ist das Pseudonym des amerikanischen Psychiaters Professor Dr. Stephen Bergman (*1944), der in dem Buch seine eigenen Erlebnisse als Intern - vergleichbar mit dem deutschen Arzt im Praktikum - verarbeitet hat. Die Handlung findet 1973/74 statt, kurz vor Ende der Nixon-Ära. Nach der Erstveröffentlichung des Romans im Jahr 1978 setzte in den USA daraufhin angeblich ein Umdenken bzgl. der medizinischen Ausbildung ein, was einige positive Änderungen zur Folge hatte.

 

Das Geschriebene ist eine zynische Darstellung des Krankenhaus-Alltags, u.a. über

 

• die Hilflosigkeit der unerfahrenen jungen Ärzte im Umgang mit

   Schwerkranken und bei Untersuchungen,

• die Angst vor falscher Behandlung und Sterben,

• Arbeitsüberlastung,

• den Widerwillen einiger Ärzte gegenüber unschönen,

   unappetitlichen Begleiterscheinungen des Krankseins,

• Kompensation durch Sex,

• das möglichst rasche Abschieben von Patienten,

• Frisieren von Krankenakten,

• Apparatemedizin und fehlende menschliche Zuwendung,

• Korruption und Profitgier,

• Standesdünkel.

 

Einige in dem Buch gebrauchten Begriffe haben (angeblich) weltweit Eingang in die interne Mediziner-Sprache gefunden, so z.B.

 

Gomer für get out of my emergency room. Der Begriff bezeichnet alte

Patienten, die immer wieder in der meist überfüllten Notaufnahme landen, und auf der Station als pflegeintensive Dauerlieger bekannt sind, die keine Chance auf Heilung haben. Aber: "Gomer sterben nicht" - so ein Motto des House of God.

 

• LAD in GAZ für eine liebe alte Dame in gutem Allgemeinzustand.

 

Obwohl der Autor immer wieder die Authentizität des Geschilderten bestätigt und beteuert, dass nichts übertrieben sei, fällt es mir schwer, dies zu glauben. Vielmehr nehme ich an, dass vieles um der Wirkung willen satirisch stark überhöht ist. Denn derart katastrophale Zustände hätten mit Sicherheit innerhalb kurzer Zeit den renommierten Ruf des Krankenhauses zerstört. Es steht nämlich für das reale Beth Israel Hospital (respektive das Beth Israel Deaconess Center), dem die Harvard Medical School (HMS) angegliedert ist - im Buch heißt sie Best Medical School (BMS).

Aber vielleicht potenzieren subjektives Erleben und die enorme physische und psychische Belastung eines jungen Mediziners mit großem Idealismus die zweifelsohne schlimme Realität um einiges. Deutlich wird jedenfalls immer wieder die große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

 

Mir war die Handlung oft zu makaber und zu zynisch, sodass ich dann erst einmal nicht weiterlesen konnte. Ich empfand es als hochgradig abstoßend, wie vielfach über hilflose Patienten und deren Krankheiten gesprochen und wie mit ihnen umgegangen wird. Das ist menschenverachtend und besonders in diesem Beruf absolut unangemessen.

 

Auf Dauer fand ich auch die vielen Varianten ein und derselben Situation oder eines Themas langweilig.

 

Detailliert geschilderte Sexszenen mit allzeit willigen Krankenschwestern haben teilweise pornografischen Charakter und wären in dieser Qualität und Quantität nicht nötig gewesen - aber: Sex sells!

 

Fazit: Der Anspruch des Autors ist es, mit diesem Buch authentisch

die Realität während seines praktischen Krankenhaus-Jahres zu schildern. Für mich ist das Erreichen dieses Ziels durch die genannten Negativpunkte zumindest infrage gestellt.

 

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