Kriminalroman
Rebekka Windmöller (36) ist Redakteurin beim "Oldenburg-Kurier", einer kleinen Lokalzeitung. Ihre 2 1/2 Jahre alte Tochter Amelie erzieht sie alleine - mit Männern hatte sie bislang kein Glück.
Nun aber schwebt sie wieder auf Wolke sieben, denn vor 4 Monaten hat sie den Halbsyrer Jamal kennengelernt, der vor einiger Zeit sogar bei ihr eingezogen ist. Und auch Amelie liebt Mali, wie sie ihn nennt, heiß und innig.
Doch als Rebekka eines Abends von einem späten Termin heimkehrt, ist ihr Lebensgefährte verschwunden und telefonisch nicht erreichbar. Auch Amelie ist nicht zu Hause. Wie sich bald herausstellt, hat Jamal die Kleine nachmittags nicht wie verabredet von der Krippe abgeholt. Rebekkas Schwester hat sie nach einem Anruf der Leiterin zu sich genommen.
Doch wo ist Jamal? Warum hat er sein Handy abgestellt und meldet sich nicht?
Am kommenden Morgen liegt auf der Terrasse von Rebekkas Haus die Leiche einer obdachlosen Frau. Sie wurde mit einem Genickschuss getötet; Augen, Mund und Ohren sind mit Sekundenkleber verschlossen worden. Ist Jamal der Mörder? Rebekka kann das nicht glauben. Da erhält sie eine verstörende WhatsApp-Nachricht auf ihrem Smartphone.
Hauptkommissar Adrian Sandersfeld - vor Kurzem von Berlin nach Oldenburg versetzt - übernimmt mit seinem Team die Ermittlungen. Er steht unter Zeitdruck, denn bald gibt es weitere Leichen, und Rebekka erhält erneut Kurznachrichten auf ihrem Handy.
Resümee: Anna Carls ist das Pseudonym der Autorin Barbara Wendelken, von der bereits mehrere Krimis erschienen sind.
Die Handlung dieses Werks erstreckt sich über 38 Tage und ist abwechselnd in der Ich-Perspektive aus Rebekkas Sicht und in der Er-Form geschrieben.
Kursiv gedruckte Briefe an eine gewisse Gloria geben dem Leser zunächst Rätsel auf, denn er weiß besonders am Anfang nicht, wie sie einzuordnen sind, und kann über Absender und Adressat nur spekulieren, was die Spannung mit Blick auf die Entwicklung des Geschehens steigert. Im weiteren Verlauf wird der Zusammenhang dann immer klarer- zurückbleibt schließlich blankes Entsetzen.
Insgesamt ist dieses Buch so ungeheuer spannend, dass ich es am liebsten in einem Rutsch durchgelesen hätte. Oft hatte ich bei der Lektüre haargenau die gleichen Gedanken, die kurz darauf einer der Protagonisten äußerte. Und genau wie die Kommissare war auch ich manchmal fest davon überzeugt, den Täter durch logisches Kombinieren herausgefunden zu haben ... um genau wie Adrian Sandersfeld und seine Crew von neuen Erkenntnissen überrascht zu werden und wieder von vorne zu beginnen.
Das Ermittler-Team ist im Übrigen sehr speziell:
Adrian Sandersfeld arbeitet erst seit 11 Wochen bei der Kripo in Oldenburg. Aus persönlichen Gründen hat er sich aus Berlin, wo er als erfahrener Ermittler von allen geschätzt wurde, in das "Provinznest" versetzten lassen. Mit seinem neuen Chef versteht er sich überhaupt nicht und lässt den privaten und beruflichen Frust an seinen Mitmenschen aus.
Diana Leschnik hat es als Transsexuelle, der man ihr Anderssein gleich ansieht, nicht leicht.
Kaatje Eichner schließlich ist gerade erst von der Polizei-Akademie gekommen, einerseits mit Feuereifer bei der Arbeit, andererseits aber natürlich noch sehr unerfahren.
Diese und alle anderen Charaktere sind sehr überzeugend gezeichnet - selbst die 2 1/2-jährige Amelie verhält sich sehr authentisch.
Fazit: Die Einordnung dieses Werks als "Kriminalroman" finde ich stark
untertrieben. Für mich ist es ein wahrer Thriller, um nicht zu sagen
ein "Psycho-Thriller".
Kommentar schreiben