Walter, Patricia - Schwarzer Abgrund (2018)

... erzählt ihnen der Besitzer, dass der Pfad zu ihrem Ziel wegen eines Erdrutsches zur Zeit nicht passierbar sei. Er erklärt ihnen einen Umweg, der allerdings noch 3 Stunden länger dauert.

Als die Gruppe sich auf ihrer Wanderung verirrt, muss sie notgedrungen während der Nacht im Wald campieren. Alle haben ein mulmiges Gefühl. Nicht ohne Grund! Denn am nächsten Morgen liegt einer der Freunde erschlagen im Schlafsack. Ist ihnen jemand gefolgt? Treibt sich ein Mörder in der Gegend herum? Oder ist gar einer von ihnen der Täter? Doch wo läge ein Motiv?

An ein Fortsetzen der Wanderung ist nicht mehr zu denken, und so machen sich die verbliebenen Vier auf den Weg zurück ins Tal. Doch beim ersten Versuch, die Brücke über eine Schlucht zu überqueren, stürzt diese ein und hätte um Haaresbreite das nächste Opfer gefordert.

Nun sind die Jugendlichen total von der Außenwelt abgeschnitten, und was folgt, ist ein einziger Albtraum.

Resümee: Bis auf die Zugfahrt von München nach Oberammergau spielt die Handlung ausschließlich in der Natur, vor allem in unwegsamem Gelände und im Wald. Ist das an sich schon düster und unheimlich, so hat die Autorin hat es verstanden, durch schriftstellerisches Geschick ein Maximum an Spannung zu schaffen, Schauplätze und Geschehen so anschaulich vor dem Auge des Lesers entstehen zu lassen, dass ich einige Male regelrecht die Luft angehalten habe.

Bis auf den Eigner des kleinen Hofes, bei dem die Gruppe eine kurze Rast einlegt, sind die Protagonisten die 5 Jugendlichen - weshalb das Buch von einigen auch als "Jugend-Thriller" bezeichnet wird. Diese haben ganz unterschiedliche Charaktere, die durchgehend sehr glaubhaft gestaltet sind:

• Lara (17) ist die Besonnene, die Entscheidungen mit Bedacht fällt.

Aus ihrer Sicht wird die Handlung in der Ich-Form erzählt, wobei

natürlich subjektive Bewertungen vergangener und aktueller Situationen, Verhaltensweisen und Personen einfließen.

• Ihre gleichaltrige attraktive Freundin Pia ist ein Jungenschwarm

und sehr auf Äußerlichkeiten fixiert.

• Florian, Laras 15-jähriger Bruder und der Jüngste in der Gruppe,

ist seiner Schwester zwar sehr ähnlich, erscheint aber anfangs noch etwas kindlich. Er macht jedoch im Laufe der Handlung eine Entwicklung durch - wie alle übrigens, doch bei ihm ist sie am auffälligsten.

• Pias Freund Robert stammt aus einem wohlhabendem Elternhaus,

ist attraktiv, aber flegel- und machohaft.

• Dominik ist mit 19 Jahren der Älteste der Gruppe, unnahbar und

nicht zu durchschauen.

Thematisiert werden die Beziehungen der 5 Teenager im "richtigen" Leben und die gruppendynamischen Prozesse während der Zugfahrt und Wanderung. Der Leser erfährt viel über Freundschaften, Flirts, die unterschiedlichen Träume und Wertvorstellungen - alles dem Alter entsprechend absolut realistisch.

Durch den Ort des Geschehens und die unterschiedlichen Charaktere erhält die an sich schon spannende Handlung noch mehr Tiefe und öffnet Raum für Vermutungen über den Täter. Dabei kristallisieren sich sowohl beim Leser als auch bei der Gruppe zunächst 2, später 3 Möglichkeiten heraus. Doch erst der Showdown am Schluss bringt Klarheit. Im Nachhinein fragt man sich, warum man nicht eher auf die richtige Lösung gekommen ist - Hut ab vor der Leistung der Autorin, den Leser bis zuletzt im Dunkeln zu lassen, was vor allem auch an der Wahl Laras als ins Gesamtgeschehen involvierter, subjektiver Erzählerin liegt.

Die Cliffhanger am Kapitelende tun ein Übriges, dass der Leser das Buch am liebsten nicht aus der Hand legen möchte.

Fazit: ein ungewöhnlich spannender Thriller,

   für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen geeignet.