Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft
Das Werk besteht neben einem Prolog, Vorwort und Ausblick sowie Angaben zu verwendeten Quellen und weiterführender Literatur aus 7 Kapiteln:
Kapitel 1 trägt die Überschrift "Gewalt und psychische Gewalt". Es beschäftigt sich u.a. mit schizophrener Psychose in Abgrenzung zu wahnhaften Störungen sowie mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen. Es geht auf die Frage ein, ob Straftäter generell psychisch krank sind und beurteilt die Heilungschancen.
Kapitel 2 thematisiert "Sexuelle Gewalt" und beschreibt Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die Bandbreite der Sexualstraftaten sowie die psychische Disposition bzw. Bedürfnisse und Motive der Täter. Dabei geht die Autorin auch auf sexuelle Präferenzstörungen ein. Es wird deutlich, dass sexuelle Gewalt ein breites Spektrum darstellt und es nicht DEN Sexualstraftäter gibt. Beschrieben werden auch mögliche therapeutische Maßnahmen, deren Nutzen und die Notwendigkeit von Risiko-Analysen.
"Gewalt im sozialen Nahraum", die als besonders traumatisierend erlebt wird, ist das Thema von Kapitel 3. Der Leser erfährt etwas über den prozentualen Täteranteil und die Gewaltbereitschaft von Männern und Frauen. Die Autorin äußert sich zu Motivlage, Denktraditionen, Rollenbildern sowie sexuellen Missbrauchshandlungen von Männern und Frauen und deren Bewertung von außen. Es geht auch um Gewalt gegen Eltern und in Intimbeziehungen.
Kapitel 4 steht unter der Überschrift "Amok und School Shooting". Welches sind die Motive der Täter? Aus welchen häuslichen Verhältnissen stammen sie und um was für Persönlichkeiten handelt es sich bei ihnen? Lassen sich die Taten vorab erkennen?
Um "Radikalisierung und Terror" geht es im 5. Kapitel. Gibt es spezielle Zielgruppen und -orte? Welche Persönlichkeitsstruktur weisen die Täter auf und welche Mechanismen führen zu einer Radikalisierung? Welches sind die Instrumente und Absichten des Terrors? Wen wollen Terroristen also treffen und welche Bedürfnisse werden durch Radikalisierung befriedigt? Gibt es folglich Personengruppen, die besonders anfällig sind?
In Kapitel 6 wird gefragt "Kann man das Böse behandeln?" Die Autorin vergleicht die Rückfallraten bei Straftätern nach der Entlassung aus dem Gefängnis und aus der Forensik. Sie beantwortet die Fragen, wie sie ihr Opfer sehen und wie Psychiater helfen können.
Die Frage "Die Therapie der Täter - überflüssig oder Chance für den Rechtsstaat?" steht im Mittelpunkt von Kapitel 7. Die Ansichten werden auch in der Bevölkerung kontrovers diskutiert. Nahlah Saimeh setzt sich kritisch damit auseinander, indem sie die Argumente gegeneinander abwägt.
Resümee: Dr. Nahlah Saimeh befasst sich als forensische Psychiaterin mit Menschen, die straffällig geworden sind. Sie untersucht die Bedingungen, die jemanden gewaltbereit und zum Täter werden lassen, d.h. den Zusammenhang von Psyche und Gewaltbereitschaft des einzelnen Delinquenten.
In Gutachten bzgl. der Schuldfähigkeit beschreibt sie dessen Persönlichkeit incl. psychischen Störungen, nennt Risikofaktoren und zeigt Therapiemöglichkeiten auf.
In diesem Buch geht es speziell um die individuellen Mechanismen, die Hass und Gewalt hervorrufen.
Die Autorin erläutert ihre Ausführungen zu den oben genannten Themen an vielen Fallbeispielen aus ihrer langjährigen Praxis - wenngleich ich mir vor allem zu den letzten beiden Kapiteln mehr Erfolgsgeschichten gewünscht hätte, damit die Aussagen noch mehr Gewicht bekommen.
Sie verzichtet dabei bewusst auf die Nennung vieler Details, um nicht den Voyeurismus zu bedienen. Ziel ist eine Sensibilisierung dafür, dass Gewalt viele Erscheinungsformen hat und aus vielerlei Gründen auftreten kann.
Nur wenn man die Motive der Täter und die dahintersteckenden Bedürfnisse kennt, kann man ihr wirksam entgegentreten.
Deutlich wird auch hier, was ein anderes Werk der Autorin postuliert: "Jeder kann zum Mörder werden" (Rezension vom 14. Jan. 2013). Dabei entspringen Hass und Gewalt vielfältigen Motiven und haben viele Gesichter. Sie sind sowohl ein gesellschaftliches als auch ein individuelles Problem.
Das Buch ist für den interessierten Laien verständlich geschrieben.
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