Thriller
Elena ist Schriftstellerin, arbeitet freiberuflich auch bei einem Lektoratsservice.
Sie und ihr Ehemann haben sich für eine dreimonatige Auszeit entschieden, und Elena hat sich in einem Häuschen in der Nähe ihrer Schwester eingemietet. Dort will sie ihre Gedanken ordnen und arbeiten.
Doch sie kommt mit ihrer Situation nicht klar, vermisst ihren Mann, hat eine Schreibblockade, nur wenig Lektoratsaufträge, ist depressiv und verlässt kaum das Haus. Aber von ihrem Platz am Küchenfenster beobachtet sie die Vorgänge im Haus gegenüber, in dem ein Ehepaar mit seinem 14-jährigen Sohn lebt.
Es geschehen dort Dinge, die Elena zunehmend beunruhigen. Sie vermutet, dass die Bewohner etwas voreinander verheimlichen, fängt an zu recherchieren und beginnt gleichzeitig ein neues Manuskript, in das sie sich regelrecht hineinsteigert.
Als sie schließlich fürchtet, dass bei den Nachbarn etwas Schreckliches passieren wird, will sie dies unbedingt verhindern und begibt sich selbst in Gefahr.
Resümee: Der Inhalt des Buches setzt sich alternierend aus 3 Komponenten zusammen:
„Der Ehemann“ erzählt die Ereignisse aus seiner, „Elena“ aus ihrer Sicht. Eingefügt sind in Kursivdruck immer wieder Kommentare eines Beobachters.
Der Leser wird dabei von Anfang an in eine völlig falsche Richtung gedrängt, aus der er leider kaum eine Chance hat herauszukommen. Erst zum Schluss wird der Kurs sehr abrupt geändert: Das Geschehen nimmt Tempo auf, und es erfolgt eine etwas verwirrende Auflösung, in der Realität und (vermeintliche?) Beobachtungen sowie Elenas eigene Geschichte miteinander verschmelzen.
Dennoch ist die Handlung durch diese Komposition einigermaßen spannend und gibt Anlass zu Spekulationen. Diese bekommen durch die Schilderung von Elenas Gefühlslage, Gesprächen mit ihrer Schwester und vielen Andeutungen zusätzlich Nahrung: Was geschieht im Haus gegenüber? Interpretiert „die Beobachterin“ die Vorgänge richtig? Wie entwickelt sich das Verhältnis der Protagonisten zueinander? Was ist in Elenas Vergangenheit passiert? Wie wirkt diese sich auf die Gegenwart aus?
Es ist mir nicht gelungen, eine emotionale Beziehung zu einem der Akteure aufzubauen oder mich mit einer Person zu identifizieren. Ich verharrte stattdessen durchgehend in der Beobachter-Perspektive, was zum Buchtitel passt und daher vermutlich von der Autorin so beabsichtigt ist.
Fazit: Ein Thriller? Nein! Dafür aber ein interessanter, streckenweise
spannender, zum Schluss sogar dramatischer Roman um Liebe und (Un-)Treue. Insgesamt hat er mir längst nicht so gut gefallen wie „Die Vermissten“ von der gleichen Autorin (Rezension vom 10. Dez. 2016).
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