Geschichten vom Kiez
Der Autor (Jahrgang 1947) war in den 1970er und zu Beginn der 80er Jahre als Polizist an der Davidwache in Hamburg St. Pauli tätig.
In dem vorliegenden Buch erzählt er ca. 30 Geschichten, in denen
er sich an Begebenheiten aus dieser Zeit erinnert.
Da geht es um Prostituierte, Zuhälterei, Halbweltgrößen und (Möchtegern-) Alphatiere.
Er schildert Revierkämpfe, erzählt von Kiez-Originalen und berichtet vom Nepp in einschlägigen Lokalitäten. Dabei nimmt er den Leser mit in bekannte Straßen wie Reeperbahn, Große Freiheit, Hamburger Berg, Herbertstraße u.a. und zu zum Teil heute noch existierenden Etablissements wie z.B. die „Ritze“ und „Zum Goldenen Handschuh“.
Und natürlich erfahren wir auch einiges über die Davidwache.
Dieses breite Spektrum gibt nicht nur Einblicke in die schillernde Seite des Milieus, sondern auch in die dunkle, von sozialem Abstieg und Gewalt geprägte.
Resümee: Kriminalkommissar i.R. Waldemar Paulsen war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 gut 41 Jahre lang als Polizist tätig – 10 Jahre davon als Zivilfahnder an der Davidwache in Hamburg St. Pauli.
In diesem Buch lässt er die Zeit von seiner „Kindheit am Deich“ (S. 7ff) im schleswig-holsteinischen Friedrichskoog / Dithmarschen bis hin zu seinem beruflichen Abschied von St. Pauli im Jahr 1981 in gut 30 Anekdoten Revue passieren.
Die Sammlung liefert zahlreiche Hintergrund-Informationen über die damaligen Aktivitäten auf dem Kiez und die Menschen, die seinerzeit dort gelebt und gearbeitet haben. Vor allem aber schildert sie Paulsens Tätigkeit als Polizist.
Als Leser gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass der ehemalige Zivilfahnder diese Erinnerungen 31 Jahre nach seinem beruflichen Abschied von der Davidwache in erster Linie für sich selbst geschrieben hat. Diese Vermutung liegt nahe, weil der Stil nicht nur etwas schwerfällig, sondern auch berichtartig sachlich ist – also bar jeder Spannung - und Paulsen sich streng an die Fakten hält, nichts ausschmückt. Über eine Tendenz zur Selbstbeweihräucherung kann man gerade noch nachsichtig schmunzeln.
Eine gewisse Verklärung der Vergangenheit bricht durch, wenn der Autor auf seiner Facebook-Seite schreibt, was er bereits am Ende des Buches andeutet: „... das wahre und schöne St. Pauli gibt es nicht mehr.“ (Kommentar zu einem Post vom 2.6.2019)
Fazit: interessant, da informativ für St. Pauli-affine Leser, aber nur mäßig
unterhaltsam. Ein paar Bilder, wie Waldemar Paulsen sie auf seiner Facebook-Seite gepostet hat, hätten das Ganze mit Sicherheit aufgelockert und das Buch noch reizvoller gemacht.
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