Roman
Invidia wächst zusammen mit ihrer 8 Jahre älteren Schwester und ihrem 2 Jahre älteren Bruder in den 50-er / 60-er Jahren in einem kleinen Dorf auf. Der Vater – ein gutaussehender Arzt,
der immer wieder fremdgeht – wendet gegenüber seiner Familie regelmäßig physische und psychische Gewalt an. die Mutter flüchtet sich immer mehr in die Religion. Als die Eltern sich 1967 scheiden lassen, ist die Mutter endgültig mit ihrer Situation überfordert.
Invidia findet Gefallen daran, ihre Puppen zu fesseln und sammelt Bilder gefesselter Menschen – sie ist fasziniert von den positiven Gefühlen, die sie dabei überkommen, bewertet diese aber als sündhaft. Besonders angetan hat es ihr das Bild auf der Weinflasche des Kröver Nacktarsch, auf dem ein Kind über dem Oberschenkel des Kellermeisters liegt, der ihm auf den nackten Hintern haut. Reden kann sie, so gerne sie es würde, mit niemandem darüber, selbst nicht mit ihrer großen Schwester, zu der sie ein inniges Verhältnis hat. Die Worte Sadismus und Masochismus sind Invidia zu diesem Zeitpunkt noch fremd.
Schon sehr früh hat sie ein untrügliches Gespür für Gerechtigkeit, denkt viel über Recht und Unrecht nach und wird als Erwachsene Staatsanwältin für Sexualdelikte.
Noch immer hat sie Sado-Maso-Fantasien, traut sich aber nach wie vor nicht, diese zu thematisieren – weder gegenüber ihrem Ehemann, noch den Geschwistern oder guten Freundinnen. Denn sie hält ihre Vorstellungen und Wunschträume immer noch für unmoralisch.
Demzufolge kann sie ihre Sexualität nicht ausleben und beneidet alle, die damit kein Problem haben.
Da schleicht sich eines Tages eine mysteriöse Bedrohung in Invidias Privatleben.
Resümee: Dieser 5. Teil der Todsünden-Reihe des Autors handelt also von Invidia, dem Neid.
Die Protagonistin mit diesem Namen ist neidisch auf Personen, die kein Problem damit haben, ihre Sexualität zu thematisieren und auszuleben. Das würde sie seit den Fesselfantasien in ihrer Kindheit und dem lustvollen Betrachten entsprechender Bilder auch nur zu gerne. Jedoch empfindet sie ihre Neigung selbst als Erwachsene noch als sündhaft und somit unmoralisch.
Der Roman besteht aus 4 Zeitabschnitten in Invidias Biografie:
. 1963 – 1973,
. 1982 – 1993,
. 1993 – 1999,
. 1999 – 2002,
schildert also fast 40 Jahre ihres Lebens.
Durch das Erwähnen von Hits, politischen Ereignissen, Gewohnheiten u.ä., die prägend für die jeweiligen Epochen waren, wird der jeweilige Zeitgeist eingefangen.
In erster Linie geht es in diesem Werk aber um das Recht.
Jeder der oben genannten Zeitabschnitte thematisiert jeweils einen Artikel des Grundgesetzes, dessen Auszüge ihm voran- oder nachgestellt sind:
. Art. 1 bezieht sich auf die Würde des Menschen,
. Art. 2 auf das Recht auf Leben und freie Entfaltung der Persönlichkeit.
. Art. 3 handelt von der Gleichheit vor dem Gesetz und
. Art. 4 von der Freiheit der Gedanken.
Inhaltlich unterstrichen werden die Gesetzesklauseln von Aussagen bekannter Personen wie Sting, Kant, deMause, die Ärzte.
Das Buch ist im Wesentlichen in der Er-Form geschrieben, ein paar wenige Kapitel schildern in der Ich-Form Invidias Sichtweise. Diese kommt aber durch ihre Tagebuch-Eintragungen hinreichend zum Ausdruck.
Erwähnt werden z.B. auch
Superbia aus „Superbias Lied“ (Rezension vom 09. Okt. 2017) und
Luxuria aus „Luxurias Glück“ (Rezension vom 24. Okt. 2015),
mit denen Invidia Berührungspunkte hat.
Fazit: Ich bin gespannt auf Teil 6 („Iras Atem“ - ein Roman über das Feuer)
und Teil 7 („Avaritias Konto“ - ein Roman über die Arbeit)
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