Warum unser Schulsystem unsere Kinder nicht bildet und radikal verändert werden muss
In diesem Buch mit dem provokanten Titel beschreibt der Autor – Vater von 10 Kindern und Schulleiter – die Situation an deutschen Schulen.
Er sagt, sie werde vielfach den Kindern nicht gerecht und müsse daher durch eine Reform des gesamten Schulsystem grundsätzlich geändert werden.
Unter der Überschrift „Warum wir die Schule abschaffen müssen“ geht Oliver Hauschke z.B. auf die Normierung der Kinder durch das derzeitige System sowie die Ungerechtigkeit und Unsinnigkeit der Notengebung ein. Er beschreibt außerdem unterschiedliche Lehrer- und Schülerpersönlichkeiten, die zum Teil nicht kompatibel sind.
Im zweiten Teil des Buches erklärt er, wie das Lernen der Zukunft seiner Meinung nach aussehen muss. Er plädiert vor allem dafür, zunächst einmal Schulbildung neu zu definieren, mehr Vielfalt und Individualität zuzulassen sowie auf die Notengebung zu verzichten.
Um seine Thesen und Argumente zu belegen, bringt er viele Beispiele aus den schulischen Erfahrungen seiner eigenen Kinder und Schüler und aus seinem Beruf als Lehrer und Schulleiter.
Resümee: Bei seinen Ausführungen bemüht sich der Autor sehr um Differenzierung und Objektivität. Vieles konnte ich als – mittlerweile pensionierte – Lehrerin auf mich und meine Schulerfahrungen beziehen, einiges wiederum nicht.
Denn die Situation in den einzelnen Schulen hängt zum Großteil auch ab von
• der Schulleitung, die ihre Lehrkräfte z.B. unterstützt und motiviert oder
aber lieber nach oben schaut und „des Schulrats liebstes Kind“ sein möchte, wie es eine Kollegin einmal formulierte;
• Kollegen, die entweder engagiert sind, sich für Schüler und Eltern
einsetzen,und gemeinsam nach Lösungen suchen (auch außerhalb der regulären Schulzeit) oder die mit minimalem Aufwand nur die Rahmenbedingungen erfüllen. Hier ist dann auch der idealistischste Lehrer oft Einzelkämpfer und bleibt irgendwann auf der Strecke.
Ich habe in meiner Laufbahn zu beiden Punkten die jeweiligen Extreme erlebt und weiß daher, dass das Maß, in dem eine Schule den Kindern gerecht werden kann, zum nicht unerheblichen Teil auch von den in ihr arbeitenden Schulleitern und Lehrern abhängt. Dies lässt der Autor immer wieder durchblicken.
Nichtsdestotrotz ist das deutsche Schulsystem desolat und daher zweifellos stark reformbedürftig, und ich stimme Hauschkes diesbezüglichen Vorschlägen zu – wenn auch manchmal nur bedingt.
In seinem Bemühen um eine genaue Erklärung der jeweiligen Situation beschreibt er diese sehr detailliert, wiederholt sich inhaltlich auch oft. Dies wirkte auf mich oft ermüdend, ist für Leser, die nicht in der Thematik drinstecken, jedoch vielleicht nötig.
Der Verfasser schreibt jedes Mal politisch korrekt „Schüler/-innen“ und „Lehrer/-innen“. Da beide Begriffe naturgemäß in einem Buch über Schule sehr häufig vorkommen, beeinträchtigt diese Form jedoch stark den Lesefluss. Eine kurze Vorab-Erklärung, dass man sich daher auf die Grundform beschränkt, hätte das Problem sicher gelöst.
Fazit: Generell ist das Buch schwer zu bewerten, da die Sichtweisen je nach
individueller Situation – sei es als Schulleiter, Lehrer, Schüler, Eltern – sehr unterschiedlich sein können. Alles in allem ist es ein positives Werk, das die Problematik des deutschen Schulwesens aufzeigt und viele Denkanstöße liefert.
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