Roman
1932: Die Familie Obermaier betreibt im bayerischen Ort Dinzing in der 4. Generation eine Metzgerei.
Tochter Klara ist 12 Jahre alt, ihre Mutter früh gestorben. Der strenge Vater lebt nur für die Firma, der Tochter widmet er kaum Aufmerksamkeit, geschweige denn Zuneigung. Die Brüder dürfen sie ungestraft hänseln und ihr Streiche spielen.
Das Mädchen zieht sich immer mehr zurück und träumt sich an die Seite
des 3 Jahre älteren Friedrich Leyendecker, Sohn einer Kaffeedynastie und zukünftiger Erbe.
Doch die Liebe bleibt einseitig; und ein paar Jahre später lädt die verzweifelte Klara schwere Schuld auf sich.
2020: Die in Berlin lebende Julie Bredow verliert durch einen Verkehrsunfall Mann und Kinder. Ihre Welt bricht zusammen, sie verkraftet diesen Schicksalsschlag nicht und kapselt sich völlig von der Außenwelt ab.
Erst als ihr Vater im fernen Dinzing stirbt, nimmt ihr Leben eine Wende: Sie reist zur Beerdigung in ihren Heimatort, muss sich mit ihrer gefühlskalten Großmutter Klara auseinandersetzen und über das Schicksal der Kaffeemanufaktur entscheiden, deren Erbin sie ist.
Resümee: Die Handlung ist auf 2 Zeitebenen angesiedelt:
Rückblenden in die Vergangenheit schildern ab 1932 Kindheit und Jugend von Julies Großmutter Klara, die im bayerischen Dinzing aufwächst. Ihre Mutter ist früh gestorben, der Vater lieblos und streng und die Brüder verspotten das Mädchen, das sich immer mehr zurückzieht.
Viel Zeit verbringt sie am Dinzinger Weiher, wo sie ihren Schwarm, den
3 Jahre älteren Friedrich Leyendecker, und seine Freunde beobachtet.
Der zweite Strang spielt in der Gegenwart ab 2010: Julie ist von Dinzing nach Berlin gezogen, wo sie den Zahnarzt Jannik geheiratet hat. Sie haben ein Zwillingspärchen bekommen und könnten nicht glücklicher sein.
Doch das Schicksal schlägt erbarmungslos zu und beraubt Julie ihrer Familie.
Ähnlich wie die Protagonistin Penelope in Hanni Münzers Roman „Solange es Schmetterlinge gibt“ (Rezension vom 7. Dez. 2015) verhält sich auch Julie nach ihrem Schicksalsschlag: Auch sie kapselt sich völlig von ihrer Umwelt ab, verschließt sich allem, zieht sich von ihren Mitmenschen zurück und lehnt Hilfsangebote ab.
Wie bereits bei Penelope gelingt es auch hier dem Polizisten Jason, eine Beziehung zu der Trauernden aufzubauen und sie vorsichtig ins Leben zurückzuführen.
So werden nach einer Phase der Trauer und des Stillstands ganz langsam und behutsam beide Ebenen immer mehr zusammengeführt und verschmelzen schließlich zu einer.
Lautet der Leitsatz im ersten Buch „Solange es Schmetterlinge gibt, solange gibt es Hoffnung“, so steht der aktuelle Roman unter dem Motto „Solange es Liebe gibt, gibt es Wunder“. Denn es geht um Liebe, deren Kraft letztlich alles zum Guten wendet: Die Liebe von / zu anderen, von / zu Tieren und auch zu sich selbst.
In Zusammenhang damit steht das große Thema Familie. Eine Redewendung sagt, dass man sich seine Familie nicht aussuchen kann – man wird in sie hineingeboren.
Aber erben Kinder die Schuld der vorigen Generation(-en)? Leben diejenigen, die gar keine Schuld auf sich geladen haben, mit einer Art Erbsünde und müssen für längst vergangene Taten der Vorfahren Verantwortung tragen? Und wie steht es mit dem Verzeihen? Dies ist ein großes, vielschichtiges und schon oft kontrovers diskutiertes Thema, das natürlich auch Hanni Münzer nicht lösen kann. Aber ihr Roman regt diesbezüglich einmal mehr zum Nachdenken an.
Trotz vieler tragischer Lebensabschnitte, Situationen und Ereignisse, von denen der Roman handelt, ist es letztlich ein positives Buch, denn „Solange es Liebe gibt, gibt es Wunder“ - wenngleich mir die geballte Ladung an Happy Ends und wunderbaren Fügungen am Schluss dann doch etwas zu viel, da zu schwülstig war.
Fazit: Auch in dieses Werk von Hanni Münzer ist wieder viel Herzblut
geflossen; das macht das Berührende und Mitreißende aus.
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