Wunder einer neuen Zeit
Salon-Saga, Band 1
Nachdem Marlene / Leni Landmann 1950 die Volksschule abgeschlossen hat, macht sie im Frisörsalon ihrer Mutter im ländlichen Hebertshausen bei Dachau eine Lehre. Das heißt, einmal pro Woche fährt
sie mit dem Zug zur Berufsschule nach München, arbeitet die anderen Tage im Salon, übt und lernt abends zu Hause. Sie liebt ihren Beruf und das Lernen fällt ihr leicht.
Doch Leni träumt von mehr als der Gleichförmigkeit im altmodischen Salon ihrer Mutter. Sie möchte ihre Meisterprüfung ablegen, sich dann in der Stadt selbstständig machen und Neues ausprobieren. Drei Jahre nach Erhalt ihres Gesellenbriefes ist sie überglücklich, dass sie eine Anstellung bei dem renommierten Friseur Keller in der Münchener Ludwigstraße bekommt. Hier, wo Prominente zu den Kunden gehören, kann Leni ihrem Traum von einem fortschrittlichen Handwerk nach und nach verwirklichen.
Als sie mit Hilfe eines Apothekers auch noch ihre eigene Naturkosmetik-Serie entwickelt und sich in den smarten Karl verliebt, scheint einer erfolgreichen, glücklichen Zukunft nichts im Wege zu stehen.
Ihr älterer Bruder Hans dagegen studiert Medizin; dies ist der Wunsch seines nach dem Krieg nicht wieder nach Hause zurückgekehrten Vaters gewesen. Doch er ist unglücklich, zweifelt an seinen Fähigkeiten, und das Lernen fällt ihm schwer. Seine große Leidenschaft und Begabung liegt in der Jazzmusik.
Als er in einem Club den Trompeter Miles Davis trifft, mit dem er sogar einen kurzen gemeinsamen Auftritt hat, und sich in Lenis Kundin und Freundin Charlotte verliebt, scheint Hans' Leben eine Wende zu nehmen.
Doch Leni, Hans und Charlotte stehen einige Schicksalsschläge bevor.
Resümee: Julia Fischer hat in ihrem Roman den Geist der 1950-er Jahre sehr authentisch wiedergegeben:
Etliche Familien hoffen immer noch auf die Rückkehr des Ehemannes und Vaters aus der Kriegsgefangenschaft. So z.B. Lenis und Hans' Mutter, die in ihrem Frisörsalon im ländlichen Hebertshausen hart für das wirtschaftliche Auskommen der Familie arbeiten muss. Sie verharrt im Althergebrachten, verschließt sich Neuerungen und gönnt sich selbst nichts, zumal von ihrem Verdienst auch Hans' Medizinstudium finanziert werden muss. Das Tragische ist, dass dieser damit zwar dem Wunsch des Vaters nachkommt, aber todunglücklich ist – er träumt von einer Karriere als Jazzmusiker.
Andere wollen nach dem Krieg und den Entbehrungen der ersten Nach-kriegsjahre unbeschwert das Leben wieder genießen und ihre beruflichen
und privaten Träume realisieren. Zu ihnen gehört auch Leni, die von einem eigenen, modernen Friseursalon in der Stadt und der großen Liebe träumt.
Mit der Anstellung im renommierten Münchener Salon Keller gelingt der zielstrebigen, mutigen jungen Frau der Aufbruch, auch wenn sie in einer männerdominierten Welt hart für Anerkennung, Erfolg und Selbstständigkeit kämpfen muss.
Authentizität bekommt die Handlung auch durch die Nennung der in den 1950-er Jahre gängigen Produkte, Arbeitsweisen sowie die Erwähnung bekannter Personen, typischer Musik (-er), aktueller Filme, Benimmregeln
und vieles mehr.
Alles in allem spiegelt das Buch, das an Originalschauplätzen spielt, mit allen Höhen und Tiefen also ein Stück Zeitgeschichte wider – hervorragend recherchiert und zu einem spannenden Roman komponiert. Man fiebert mit den Protagonisten mit, freut sich und leidet mit ihnen, immer hoffend, dass es das Schicksal gut mit ihnen meint.
Zu erwähnen ist, dass nicht nur die Charaktere der Protagonisten, sondern die aller Akteure so klar herausgearbeitet sind und eine so enorme Tiefe haben, dass sie real zu existieren scheinen.
Fazit: Der Roman schildert in einer spannenden Handlung authentisch
die Zeit des Aufbruchs in den 1950-er Jahren.
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