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Elmar Traks

Elmar Traks

Lechner, Hannah – Sehnsucht am Tegernsee (2023)

Roman

 

Georg Sollinger (83) wohnt in einer idyllischen Umgebung am Tegernsee und liebt die Ausflüge mit seinem treuen Freund Rudi, einem Golden Retriever. Es bedrückt ihn jedoch, dass das Hotel, das sich

in unmittelbarer Nähe zu seinem Privathaus befindet und seit Langem im Familienbesitz ist, nun schon seit 10 Jahren leersteht.

Obwohl es durchaus Interessenten gibt, weigert er sich hartnäckig, es zu verkaufen. Er will es stattdessen seiner Nichte Kira vermachen mit der Auflage, dass auch sie es nicht veräußert.

Doch die fast 40-jährige Single-Frau ist davon wenig begeistert: Sie ist Psychologin und hat eine gut gehende therapeutische Praxis in Bayreuth.

Als sie eines Abends nach Hause kommt, trifft sie auf ihre Nachbarin Leonie, die völlig erschöpft zu sein scheint und heftig zu schluchzen beginnt, als Kira sie anspricht. Es stellt sich heraus, dass sie total überfordert ist, da sie neben all ihren anderen Verpflichtungen auch noch die Pflege ihres Bruders Felix übernommen hat, der seit einem schweren Motorradunfall vor 2 Jahren im Rollstuhl sitzt.

Kira bietet an, ihr vorübergehend zu helfen, was diese dankbar annimmt …

im Gegensatz zu Felix, der ihr schroff und abweisend begegnet. Doch durch ihre einfühlsame Art kommt sie ein wenig an ihn heran, und beide verlieben sich sogar ineinander.

 

Als Kiras Onkel Georg plötzlich stirbt, ist sie Alleinerbin, und einige Interessenten bieten ihr eine hohe Summe für das Hotel; vor allem der Architekt Noah Richter lässt nicht locker. Kira ist hin- und hergerissen,

denn einerseits könnte sie Felix mit dem Geld eine Operation in den USA finanzieren, andererseits fühlt sie sich an die Verfügung ihres Onkels gebunden, das Hotel nicht zu verkaufen.

 

Doch die Ereignisse nehmen einen unerwarteten, dramatischen Verlauf.

 

Resümee: Der Roman ist ausgesprochen spannend, lebt von Gegensätzen, den daraus entstehenden Konflikten und den authentisch gestalteten Protagonisten:

. Kira ist seit 6 Jahren Single, hat aber die Trennung von ihrem Freund noch immer nicht verkraftet. Seinetwegen war sie nach Bayreuth gezogen, wo sie kaum Bekannte hat. Sie geht ganz in ihrem Beruf auf. Wenn sie aber sieht, dass jemand privat Hilfe benötigt, ist sie 100%-ig für denjenigen da, sagt Patienten-Termine ab, nimmt Unbequemlichkeiten in Kauf und verhält sich absolut loyal.

Als sie z.B. anfängt, sich um Felix zu kümmern, der sie schroff zurückweist, möchte man ihr raten, sich das doch bitte nicht noch weiter anzutun. Und später, als sie ein Paar sind, er ihr seine Liebe gesteht, dann aber spurlos verschwindet, fragt man sich, ob es nicht besser ist, wenn sie ihn vergisst.

In diesem Spannungsfeld gibt es immer wieder neue Entwicklungen und

zum Teil dramatische Wendungen.

 

. Ihr Onkel Georg, der ca. 3 Autostunden entfernt am Tegernsee wohnt, liebt seine Nichte, verlangt aber gegen ihren Willen, dass sie das Hotel, das seit Generationen im Familienbesitz ist, nach seinem Tod nicht veräußert, sondern es wiedereröffnet. Das würde aber eine radikale Veränderung für ihr Leben bedeuten, die sie gar nicht möchte.

Ist dieser Konflikt zu lösen? Vor allem auch noch vor dem Hintergrund, dass sie Felix mit dem Verkaufserlös eine wichtige Behandlung finanzieren könnte?

 

. Felix ist für mich undurchschaubar und voller Widersprüche: Zuerst schroff und abweisend, öffnet er sich Kira immer mehr. Aber kurz nachdem er ihr seine Liebe gestanden hat, verschwindet er sang- und klanglos und bis zum Schluss weiß niemand, was mit ihm passiert ist. Ist er heimlich nach Amerika geflogen, um sich operieren zu lassen? Hat er, der depressiv war, Suizid begangen? Ist er einem Unfall oder Verbrechen zum Opfer gefallen? Kira kann diese Ungewissheit kaum aushalten – und dem Leser geht es ähnlich. Man leidet mit ihr, macht sich selbst seine Gedanken, aber immer wenn man glaubt zu wissen, was passiert ist, gibt es neue Ungereimtheiten.

 

. Seine Schwester Leonie erscheint anfangs als fleißige, altruistische Frau,

die sich neben ihrem Beruf zusammen mit ihrem Verlobten eine Existenz aufbauen will und sich aufopferungsvoll um ihren Bruder kümmert. Doch

dann wendet sich das Blatt plötzlich und man ist entsetzt.

 

. Einzige Konstante in der spannungsgeladenen Handlung ist Noah, der immer wieder sein Interesse für das Hotel am Tegernsee bekundet und für Kira nach Felix' Verschwinden zu einer verlässlichen Stütze wird.

 

Der Roman endet mit einer Situation, bei der man die Luft anhält, und die förmlich nach einer Fortsetzung schreit! Diese wäre auch sehr wünschens-wert, um zu klären, was mit Felix passiert ist, und den Leser nicht mit seinen Überlegungen allein zu lassen.

 

Fazit: Ich habe noch lange nach Beendigung der Lektüre über die Protago-

nisten, ihr Verhalten und die Entwicklung der Handlung nachgedacht. Und das ist m.E. mit das Beste, was ein Autor mit seinem Buch beim Leser bewirken kann – außer spannender Lektüre natürlich, auf die man sich bei Hannah Lechners Büchern generell verlassen kann. Denn dies ist das Pseudonym von Jacqueline Lochmüller, von der ich bereits viele Bücher gelesen und rezensiert habe.

 

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