Thriller
Die unscheinbare, kinderlose und ledige Agatha lebt in sozial schwachen Verhältnissen, arbeitet als Regalauffüllerin in einem Supermarkt und wünscht sich sehnlichst eine Familie.
Aus ihrer Sicht führen Meghan und Jack das Leben, das sie für sich selbst erträumt: Beide leben in einem repräsentativen Stadthaus in London, Jack ist als Fernsehmoderator sehr erfolgreich, während die attraktive Meghan sich um den Haushalt und die beiden kleinen Kinder kümmert. Und nun ist sie wieder schwanger.
Da die junge Frau Agathas großes Vorbild ist, studiert diese akribisch deren Gewohnheiten – alleine durch die Artikel, die sie in „ihrem“ Supermarkt kauft, erfährt sie schon einiges. Eines Tages spricht sie Meghan schließlich an,
stellt eine erste Verbindung her. Sie ist nicht nur davon überzeugt, dass beide Freundinnen sein werden, die zusammen etwas unternehmen, Rezepte aus-tauschen und sich in einer Müttergruppe treffen. Nein, ihr Ziel ist es auch, in den gleichen sozialen und familiären Verhältnissen wie ihr Idol zu leben, das heißt mit einem liebevollen Mann in einem schönen Heim zu wohnen und Mutter zu sein.
Der erste Schritt ist bereits getan: Genau wie Meghan wird sie bald in den Schwangerschaftsurlaub gehen und hofft, dass ihr Freund, der bei der Navy arbeitet, rechtzeitig zum Stichtag bei ihr sein wird.
Meghan ahnt nichts von Agathas Visionen, als beide sich in den letzten Wochen vor dem Entbindungstermin immer näher kommen – gefährlich nahe!
Und so unterschiedlich das Leben der Frauen ist, weist es doch einige Parallelen auf, wie sich peu à peu herausstellt.
Resümee: Die Handlung wird kapitelweise alternierend aus der Sicht von Agatha und Meghan in der Ich-Form erzählt.
Agathas Schilderungen sind von Anfang an ebenso interessant wie besorgnis-erregend, denn ihre starke Fixierung auf Meghan und deren scheinbar per-fektes Leben wird sofort deutlich. Man fragt sich, was die in sozial schwachen Verhältnissen lebende und als Aushilfe in einem Supermarkt arbeitende un-scheinbare Frau, die bald in den Schwangerschaftsurlaub geht, wohl vorhat. Wie will sie, deren Freund bei der Navy arbeitet und auf See ist, je das privilegierte Leben der von ihr bewunderten Meghan erreichen? Sukzessive erfährt der Leser immer mehr beunruhigende, ja teils sogar verstörende Aspekte über Agathas Charakter und Details ihrer Biografie. Alles kumuliert schließlich in einem extrem düsteren, bedrückenden Gesamtbild.
Meghans Schilderungen hingegen lassen zunächst auf ein eher langweiliges, in täglicher Routine erstarrtes Leben schließen. Alles scheint recht normal zu sein: gelegentlicher Stress mit den an sich wohlgeratenen Kindern, bisweilen kleinere Reibereien mit ihrem Ehemann. Das dritte Kind ist zwar nicht geplant gewesen, aber das Paar hat sich mittlerweile damit arrangiert. Erst schlei-chend stellt sich heraus, dass Meghans Leben längst nicht so perfekt ist,
wie es scheint – und damit kommt auch in diesem Handlungsstrang eine Spannung auf, die immer mehr ansteigt.
Sie spitzt sich in dem Maße immer mehr zu, wie Agatha geradezu besessen alles daran setzt, ihre Zukunftsvisionen Realität werden zu lassen. Die Dramatik gegen Ende des Buches ist kaum zu überbieten.
Michal Robotham hat es verstanden, die Charaktere beider Frauen filigran herauszuarbeiten, und auf dieser Basis ihr Leben, ihre Sehnsüchte, Ängste und Nöte absolut glaubhaft darzustellen.
Fazit: Für einen Thriller ist mir die Handlung nicht temporeich genug, sondern
verliert sich häufig in sehr detaillierten Beschreibungen einzelner Szenen und Gemütszustände. Dennoch ist dies ein sehr spannendes Buch, ein Psycho-Krimi.
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