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Elmar Traks

Elmar Traks

Strobel, Arno – Der Trip (2023)

Du hast dich frei gefühlt. Bis er Dich fand.

Psychothriller

 

Fabian Jancke und seine Frau Isabel sind mit ihrem Wohnmobil auf dem Weg in den Spanien-Urlaub. Doch auf der Autobahn kurz hinter Dijon springt ihnen ein Reh ins Auto. Glücklicherweise kommt das Ehepaar mit einem Schrecken davon, doch das Wohnmobil ist

so beschädigt, dass eine Weiterfahrt ausgeschlossen ist. Keiner der vorbei-fahrenden Autofahrer hält an, die Polizei kommt in Frankreich nur zu Unfällen mit Personenschäden, und beim ADAC läuft bereits seit 15 Minuten die Telefon-Warteschleife, als es an der Tür des Wohnmobils klopft:

Ein Mann gibt sich als Mitarbeiter des Autobahnservices aus, auf dem Standstreifen hält ein Abschleppwagen. Das beschädigte Fahrzeug wird aufgeladen, Fabian und Isabel nehmen auf der Rückbank der Fahrerkabine des Abschleppwagens Platz, der sie zu einer Werkstatt bringen soll.

 

Doch während der Fahrt durch einsame Gegenden wird ihnen zunehmend mulmig. Am liebsten würden sie jemanden zu Hause anrufen, doch es gibt kein Telefonnetz.

Auch das Werkstattgelände macht keinen vertrauenerweckenden Eindruck, und als ihr Helfer das Tor mit einer schweren Kette verriegelt und 6 finstere Gestalten aus dem Gebäude kommen, ist endgültig klar, dass etwas ganz

und gar nicht stimmt. Von Fabian, Isabel und ihrem Wohnmobil gibt es danach kein Lebenszeichen mehr.

 

2 Jahre später: Die Ermittlungen zu diesem Fall sind mittlerweile ergebnislos eingestellt worden, die Polizei geht davon aus, dass das Ehepaar tot ist. Doch Fabian Janckes Schwester Evelyn kann das spurlose Verschwinden ihres Bruders nicht verkraften. Sie zieht sich von ihren Freunden zurück, streift abends durch Bars und geht mit fremden Männern nach Hause. Ein wenig Halt gibt ihr nur noch ihre Arbeit als forensische Psychologin.

 

Als solche unterstützt sie zur Zeit die Oldenburger Polizei bei der Aufklärung einer Mordserie: Innerhalb von gut 2 Monaten sind in Norddeutschland

5 Menschen nachts auf Campingplätzen mit größter Brutalität umgebracht worden. Der Täter konnte jedes Mal unerkannt entkommen.

Als er jedoch erneut zuschlägt, gibt es einen Zeugen, nach dessen Angaben ein Phantombild angefertigt werden kann. Als Evelyn es sieht, stockt ihr der Atem. Sie kann nicht glauben, was sie sieht, und fasst einen folgenschweren Entschluss.

 

Resümee: Es war Arno Strobel ein Anliegen, aus eigenem Erleben heraus den Wildunfall auf der Autobahn bei Dijon, die nervenaufreibende Zeit bis

zum Eintreffen eines Abschleppwagens und die anschließende Fahrt darin

zur Werkstatt detailliert zu beschreiben.

Doch für die Handlung des Buches wäre das in dieser Ausführlichkeit nicht erforderlich gewesen, denn das Erzählen des Ereignisses von A - Z bringt keinen Mehrwert in Bezug auf Überlegungen, was mit dem Ehepaar passiert sein könnte. Eine Beschränkung auf die letzten Szenen – die unheimliche Fahrt mit dem Abschleppwagen und Ankunft / Empfang auf dem Werkstatt-gelände - hätte nicht nur gereicht, sondern auch der Spannung gut getan.

Wenn der Autor nicht auf die komplette Schilderung des Vorfalls verzichten wollte, wäre es aus meiner Sicht eine bessere Lösung gewesen, sie als Prolog zu wählen.

 

Ein gravierendes Manko ist, dass zum Schluss mit keinem Wort daran ange-knüpft wird, sodass man nicht erfährt, was nach dem gruseligen Schlussbild passiert ist, außer dass das Ehepaar Jancke und sein Wohnmobil seitdem vermisst werden.

 

Aber auch 2 Jahre später gibt Evelyn, die Schwester des verschwundenen Fabian Jancke und forensische Psychologin, die Hoffnung auf ein Lebens-zeichen nicht auf. Dies glaubt sie endlich mit dem Phantombild des Camping-platz-Mörders zu erhalten und setzt alles daran, den Mann auf eigene Faust zu finden.

Dabei agiert sie allerdings völlig konfus. Zwar kann man ihre Aufgeregtheit und innere Unruhe durchaus verstehen, allerdings ist es nicht entschuldbar, dass sie in ihrer Kopflosigkeit ihren Freund, Kriminalhauptkommissar Gerhard Tillmann, derart unter Druck setzt und nötigt, immer wieder gegen Dienst-vorschriften zu verstoßen – was er aus Liebe zu ihr wider besseres Wissen auch macht. Zwar merkt der Autor im Rahmen der Handlung völlig richtig an, dass es bei der Beurteilung einer Situation / eines Geschehens einen im-mensen Unterschied macht, ob man Außenstehender oder direkt Betroffener ist. Aber Evelyn Jancke überzieht hier eindeutig – gerade auch vor ihrem beruflichen Hintergrund sollte sie sich doch einen Rest an Rationalität bewahren. Ihr Verhalten nervt auf Dauer und durchzieht konstant die ca. ersten beiden Drittel des Buches.

 

Dieser Teil ist außerdem zäh und langweilig, weil er viele Varianten der gleichen Aktionen, Gedanken und Dialoge enthält. Vor allem Gerhard Tillmann hält Evelyn in Bezug auf ihre Vorhaben immer wieder den inhaltlich gleichen Vortrag. Irgendwann weiß man schon, was er ihr entgegnen wird. Seine Absicht dahinter sehe ich durchaus, das ändert aber nichts daran, dass es

auf Dauer sägt - das soll es bei Evelyn ja auch, um sie zu einer Einsicht und Verhaltensänderung zu veranlassen, aber der Geduldsfaden des Lesers wird über Gebühr strapaziert.

Insgesamt fehlt eine klare Linie, die die Handlung vorantreibt - sie ist unrund, die inhaltliche Essenz ausgesprochen mager.

 

Erst im ca. letzten Drittel geht Evelyn gezielt und planvoll vor in Bezug auf die Suche nach dem Mann, den das Phantombild darstellt – schließlich mit Erfolg.

Dieser Part, in dem auch das Handeln Gerhard Tillmanns in einem anderen Licht erscheint, das einen um Evelyn bangen lässt, ist inklusive des Show-downs sehr spannend – hier erkennt man „den alten Arno Strobel“ wieder.

 

Eingeschoben sind gelegentlich kursiv gedruckte Kapitel aus Sicht des Täters. Man erfährt durch sie seine Motivation für die brutalen Morde, kann diese natürlich nicht gutheißen, hat aber vor dem Hintergrund dessen, was ihm angetan wurde, Verständnis. Aber auch hier gibt es zu viele Wiederholungen, wenn er sein Kriterium für die Auswahl der Opfer nennt.

 

Fazit: Dies ist bereits das 9. Buch, das ich von Arno Strobel gelesen habe –

von allen war ich absolut begeistert. „Der Trip“ jedoch kann mich nicht überzeugen.

 

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