Wahres Glück
Die Kölln-Saga 3
Im Jahr 1937 befindet sich das Elmshorner Köllnflocken-Werk unter Leitung von Peter Claus Diedrich im wirtschaftlichen Aufschwung. Unterstützt wird er von seiner Frau Else, die auch mit ihrer kleinen Boutique Erfolg hat. Ihr ältester Sohn bereitet sich darauf vor, das Unternehmen einmal zu übernehmen, der jüngere geht noch zur Schule, und die Töchter studieren, arbeiten und genießen das Leben in Hamburg.
Doch mit der Machtübernahme der NSDAP ändert sich das Leben aller: Einschränkungen, Verbote, politischer Druck und Repressalien fordern Tribute von allen und lassen nicht nur die Köllns um ihre private und berufliche Existenz fürchten.
Claus muss nach langer Weigerung notgedrungen in die Partei eintreten, will er das Werk behalten.
Dreht sich das Leben seiner Töchter in Hamburg anfangs noch um Mode und Swing, und finden sie trotz des Verbots immer wieder Schlupflöcher, um ihrer Leidenschaft zu frönen, so bekommen auch sie den Machtwechsel bald in seiner Härte zu spüren.
Angeheiratete jüdische Familienmitglieder flüchten nach Dänemark, wo sie bei dort lebenden Verwandten aufgenommen werden.
Als der 2. Weltkrieg ausbricht, hofft Else inständig, dass Peter und die Söhne nicht einberufen werden.
Die Zeiten sind unruhig und ungewiss, doch die ganze Familie hält eisern zusammen.
Resümee: Der Vorgängerband reicht bis ins Jahr 1921, dieser startet 1937.
In der Zwischenzeit haben sich die Protagonisten weiterentwickelt, neue
sind hinzugekommen, Beziehungen haben sich geändert oder sind neu ent-standen. Es hat ca. 1/3 des Buches gebraucht, bis ich „drin“ war und Namen, Verwandtschafts- und sonstige Verhältnisse wieder halbwegs zuordnen konnte.
Ein Glossar, besser noch ein Stammbaum, wäre bei der Vielzahl von Personen wirklich notwendig gewesen.
Dies umso mehr, als die Handlung aus mehreren Strängen besteht, die ab-wechselnd in Elmshorn, Hamburg und Dänemark spielen, man gedanklich also immer hin und her switchen muss. Dabei machen die Ortswechsel viel Sinn, um unter diversen Aspekten zu zeigen, wie unterschiedlich das Leben vor dem Hintergrund der politischen Situation dort jeweils war.
Trotz gelegentlicher Längen macht das die Handlung nicht nur interessant, sondern auch spannend, nicht zuletzt, weil die einzelnen Szenen und Ört-lichkeiten so anschaulich beschrieben werden, dass man sich direkt in sie hineinversetzen kann.
Dabei gilt auch für diesen 3. Band wieder, dass die Autorin eine „kreative
Art der Geschichtenerzählung“ angewandt hat. Das heißt, dass die meisten Personen, Lokalitäten, Ereignisse und politischen Maßnahmen zwar real existierten, sie von der Biografie und Historie aber zum Teil bewusst abge-wichen ist, wenn es keine (zuverlässigen Quellen) gibt oder es galt, belegte Eckdaten miteinander zu verknüpfen. Insgesamt liegt dem Werk viel Recherche-Arbeit zugrunde.
Der Untertitel ist diskussionswürdig vor dem Hintergrund, dass die Nazi-Zeit mit all ihren Schrecken sowie die Auswirkungen des Krieges die Handlung thematisch beherrschen.
Zwar gibt es zwischendurch auch einzelne, wenige Momente des Glücks
und der Lebensfreude und der Schluss besteht aus einem all umfassenden Happy End. Aber nur darauf basierend ist in Anbetracht des dunklen Kapitels der deutschen Geschichte, das viele Tote gefordert und Familien zerstört hat, meiner Meinung nach der Untertitel „Wahres Glück“ nicht angemessen.
Fazit: Dieser 3. und letzte Teil der Kölln-Saga ist zwar auch sehr lesenswert,
für mich allerdings der schwächste.
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