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Elmar Traks

Elmar Traks

Strobel, Arno – Die Flut (2016)

Psychothriller

 

Julia und ihr Lebensgefährte Michael freuen sich sehr auf ihren Amrum-Urlaub. Michaels Kollege Andreas hat sie eingeladen, zusammen mit ihm und seiner Frau Martina im November zwei Wochen

im Ferienhaus seiner Eltern zu wohnen. Als Gegenleistung soll Michael ihm beim Ausbau des Dachbodens helfen.

Da man sich privat kaum kennt, laden Julia und Michael das Paar zwecks „Beschnuppern“ vorab zum Abendessen ein. Während Andreas sich als recht höflich und umgänglich erweist, benimmt sich dessen Frau seltsam.

Auf der Insel angekommen, genießt Julia die Ruhe in der Natur und macht lange Spaziergänge, während die Männer wie geplant auf dem Dachboden werkeln. Martina hingegen kapselt sich meist ab, beteiligt sich kaum an Ge-sprächen, macht aber oft zynische Bemerkungen. Hängt das evtl. mit den Blicken zusammen, mit denen ihr Mann Julia immer wieder bedenkt?

 

Auch das Verhalten des Nachbarn stimmt sie nachdenklich: Nicht nur, dass

er sich bereits über den ruhestörenden Lärm beschwert hat, nein, er läuft auch permanent mit einer Kamera herum und macht Fotos – auch von ihr.

 

Dennoch genießen sie und Michael den Aufenthalt … bis eine grauenvolle Mordserie beginnt:
Ein Unbekannter hat es auf Paare abgesehen, die er zunächst entführt, bevor er die Frau bis zum Hals in einem zuvor ausgehoben Loch am Strand so ver-gräbt, dass nur noch ihr Kopf herausschaut.

Deren Mann fixiert er davor so mit einem Seil an einem Pfahl, dass er hilflos zusehen muss, wie sie bei der nahenden Flut qualvoll ertrinkt.

Sein Motiv: Die Welt soll erfahren, wie hochintelligent er ist, wie genial er die perfekte Mordserie plant und ausführt.

 

Die lokale Polizei zieht die Flensburger Kollegen hinzu, deren leitender Ermittler sich zum Leidwesen der anderen schnell auf einen Verdächtigen einschießt.

Der Aufenthalt der beiden Paare entwickelt sich mehr und mehr zum Horror-trip.

 

Resümee: Ich bin ja grundsätzlich ein großer Fan der Werke von Arno Strobel, doch dieses ist ausgesprochen schwach:

. Die Akteure haben meist nur e i n e sie kennzeichnende Eigenschaft, die in Schwarz-Weiß-Manier permanent extrem ausgelebt wird (z.B. Martinas Zynismus, Andreas Blicke auf andere Frauen) – das nervt auf Dauer.

 

. Charakterstark im positiven Sinne ist für mich niemand, insofern fehlt es an Sympathieträgern.

 

. Ein Großteil der Handlung besteht aus Schuldzuweisungen und gegenseiti-gem Angezicke der 4 Hausbewohner. Alternativ wird besprochen, wie man sich in Anbetracht der aktuellen potenziellen Gefahr verhält. Das alles bringt die Handlung nicht wirklich voran – selbst dann nicht, als Julia entgegen der Absprache weiterhin Alleingänge unternimmt.

 

. Der leitende Ermittler hat sich recht zügig auf Michael als Täter eingeschos-sen und ist nicht davon abzubringen, was seinen neuen Kollegen zwar extrem stört und immer wieder zu einem Konflikt führt, aber nichts ändert. Denn be-sagter Kollege zeigt zwar hin und wieder Ansätze von Rückgrat, knickt aber stets wieder ein.

 

. Die Ermittlungen selbst bestehen im Wesentlichen aus Befragungen – vor allem Michaels - die aber nicht dazu führen, dass das Geschehen Fahrt auf-nimmt; im Gegenteil tritt es sehr oft auf der Stelle. Warum z.B. beschattet man den Verdächtigen nicht?

 

. Der Kreis der potenziellen Täter ist sehr groß, was auch daran liegt, dass das Motiv von Anfang an klar und auf viele übertragbar ist: Die Welt soll er-fahren, wie hochintelligent er ist, wie genial er die perfekte Mordserie plant und ausführt. Fast jeder männliche Protagonist verhält und äußert sich im Verlauf der Handlung diesbezüglich so verdächtig, dass ich ihm durchaus die Verbrechen zutrauen würde. Das ist im Prinzip ja durchaus spannend, da es Potenzial zum Miträtseln bietet. Leider gibt es aber keine Entwicklung in dem Sinne, dass sich im Laufe der Handlung jemand aus der Masse herauskristallisiert.

Auf den letzten ca. 50 Seiten wird es allerdings sehr spannend: Da war ich sicher, dass Michael und Julia direkt in ihr Unglück fahren. Aber weit gefehlt!

Die Auflösung erfolgt dann zwar sehr spontan, aber absolut überzeugend … obwohl die Erklärung genauso gut auf andere Protagonisten zutreffen würde (s.o.). Daher erscheint mir die letztendliche Präsentation dieser Person als Täters willkürlich. Hat hier das Los die Entscheidung getroffen?

 

. Die Wahl des Ortes ist austauschbar – die Handlung hätte auf jeder x-belie-bigen Nordsee-Insel spielen können. Amrumer Lokalkolorit findet man kaum, man könnte fast den Eindruck haben, dass der Autor lediglich eine Über-sichtskarte vor sich liegen hatte.

 

Fazit: ein ausgesprochen schwaches Werk des ansonsten

   von mir sehr geschätzten Autors

 

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