Nur mal kurz zur Post …
Die spanische Post (correos) ist zwar um Längen besser
als die meisten Paketdienste hier im Hinterland – was aber keineswegs bedeutet, dass es immer problemlos läuft. Denn auch dies ist - wie so vieles - zu einem gut Teil Personen abhängig, wie ich gerade in dieser Woche wieder einmal erleben durfte:
Ein besonderer Service unserer örtlichen Poststelle ist es, den Empfänger per SMS zu benachrichtigen, wenn eine Sendung mit Tracking-Nummer für ihn eingetroffen ist. So geschah es bei uns am letzten Montag. Allerdings kam ich erst zwei Tage später, am Mittwoch, dazu, das Paket abzuholen und verabschiedete mich von Elmar mit einem munteren: „O.k., ich fahre dann jetzt mal rasch zur Post; bin gleich wieder da!“
Denkste!!
Auf der Post …
Schon beim Betreten des Gebäudes entrang sich mir ein gedankliches „Hmpf!!“, als ich meine „Lieblings“-Vertretung am Schalter sitzen sah. Zwar war sie in der Vergangenheit schon häufiger für Chefin Adela einge-sprungen, jedoch scheint ihr die Materie des Postservices immer wieder
von neuem eine wundersame Welt voller Rätsel und Mysterien zu eröffnen.
Aber ich wollte ja nur unser Paket abholen!
Allerdings suchte ich im Postfach vergeblich nach dem obligatorischen, bereits mit den erforderlichen Daten ausgefüllten Abholschein, was mich zu einem leise gestöhnten „Och nö“ veranlasste. Ganz im Sinne einer „self-fulfilling prophecy“ - einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung – setzte mein Großhirn noch nach: „Annette, das kann jetzt nicht ohne Probleme ablaufen!“
Die Geduldsprobe …
Also, einmal tief durchgeatmet und hinter dem einzigen Kunden vor mir angestellt. Und da stand ich nun ... und stand ... und stand – während die durchgestylte Postdame telefonierte … und telefonierte ... und telefonierte. Zur Abwechslung schaute sie gelegentlich auch mal höchst konzentriert auf ein dicht beschriebenes Informations-Blatt.
Na, das übt, also hört man ein bisschen zu, erfährt, dass Málaga am anderen Ende ist, es sich um eine offenbar hochkomplizierte Zollangelegenheit handelt – oh je, das kann sogar noch länger dauern. Tat es auch!
Nach etwa 10 Minuten schaute mich der betroffene Kunde hoffnungsfroh an und meinte: „Sie nickt, dann ist sie bestimmt gleich fertig!“ Stimmte, wenn „gleich“ 5 weitere Minuten sind.
Die Angestellte legte auf, schaute mich verwirrt, aber gleichzeitig fragend an, sodass ich mein Anliegen vorbrachte.
Hm, ein Paket wolle ich abholen?
Flugs griff sie erneut zum Telefon … Fragen über Fragen schossen mir durch den Kopf … aber keine Antworten.
Aber nein, sie rief nun erst einmal Chefin Adela zu Hause an, um sich mit ihr bzgl. der Zollangelegenheit zu beraten.
Inzwischen las ich das neueste Mitteilungsblatt des Rathauses und kam auch mit dem „Zoll-Kunden“, einem Engländer, ins Gespräch. Das sei ja ganz prima, meinte er irgendwann, dass ich so gut Englisch spreche, und Spanisch ja offensichtlich auch, ob ich nicht zwischen der Angestellten und ihm hin- und herdolmetschen könne. Er käme mit ihr nicht klar.
Lesen hilft …
Na ja, ich wollte es gerne versuchen, obwohl … Also, wenn Spanier eine Sache nicht weiter verfolgen wollen, dann verstehen sie ja nun mal rein gar nichts – sprachlich gesehen! Aber es war dann doch verblüffend einfach: Nach Beendigung des Telefonats schaute die Angestellte sichtlich erleichtert auf, wies auf das einzig Fettgedruckte auf dem Informations-Blatt und meinte, genau dies müsse erledigt werden, bevor der Vorgang weiter bearbeitet werden könne.
Toll, dazu bedurfte es nun zweier langer Telefonate. Aber hätte ja auch sein können, dass das Fettgedruckte eher etwas mit auflockernder Optik als mit Wichtigkeit zu tun gehabt hätte. Puh! Mein sprachlicher Einsatz fand mit der verzweifelten Frage des Engländers „what means 'shit' in Spanish?“ einen krönenden Abschluss.
Nun aber …
Nun war ich im wahrsten Sinne des Wortes einen Schritt weiter und trug noch einmal mein Anliegen vor. Sie streckte die Hand aus – ich möge ihr bitte die Mitteilung aus dem Postfach geben.
Da war keine, aber ich habe vorgestern eine SMS-Benachrichtigung erhalten.
Aber wenn kein Papier im Fach sei, dann ist auch keine Lieferung angekommen.
Doch, doch! Es wird ja die Sendungsnummer vom Paket abgescannt und dadurch die SMS versandt. - Groooße fragende Augen. – Ohne Paket also keine SMS.
Immerhin hielt sie es wohl nicht für furchtbar Erfolg versprechend, weiter darüber nachzudenken, sondern begab sich in Richtung Aufbewahrungs-regal. Hinter mir hatte sich mittlerweile eine lange Schlange gebildet.
Nichts da …
Leider war ihre länger andauernde Suchaktion nicht vom Paket gekrönt – sie kam mit leeren Händen, hob hilflos resignierend die Arme und meinte, da sei nichts für uns.
Schon so etwas befürchtend, hatte ich mittlerweile die SMS auf meinem Handy geöffnet und hielt der Dame das Display mit der Benachrichtigung hin.
Ein jähes hoffnungsfrohes Aufleuchten in ihren Augen: Ja, aber die sei ja von Montag! Und heute sei Mittwoch! Da sei das Paket wohl schon abgeholt worden.
Neiiiiiin! Mit Sicherheit NICHT!
Ja, aber da sei doch nichts.
Ich weiß auch nicht warum, denn bei Chefin Adela macht es aufbewahrungs-technisch keinen Unterschied, aber in dem Moment schoss mir vom Gehirn unmittelbar auf die Sprechwerkzeuge die Erkenntnis, dass es sich um ein etwas größeres Paket handeln könne.
Ah ja, also schlurfte sie willig in die andere Richtung. Und siehe da: Als die anderen Kunden und ich schon fürchteten, sie sei verschollen, kam sie triumphierend mit der Lieferung an.
Ende gut …
Aber ich war noch längst nicht entlassen, denn nun musste ja noch besagter Abholschein mit meinen persönlichen Daten ausgefüllt werden.
Wie ist der Vorname?
Annette.
Wie???
Entschlossen drehte ich das Paket so zu ihr, dass sie die Adresse abschreiben konnte.
Ich war fertig … und die wartenden Kunden erkennbar froh, ihrem eigenen Anliegen wenigstens ein kleines Stück näher gekommen zu sein!
Übrigens lag zu diesem Zeitpunkt bereits ein weiteres Päckchen ohne Sendungsnummer für uns auf der Post, das allerdings erst bei meinem nächsten Besuch entdeckt wurde ...
Nachtrag: Als ich einen Tag später erneut die Post betrat, war auch besagter Zoll-Engländer wieder dort: Er war mit einem Berg von Papieren „bewaffnet“, aber keinen Schritt weitergekommen und fragte entnervt, wann denn Adela wieder anwesend sei! Zumindest kennt er aber nun die spanische Entsprechung für ‚shit’: ¡mierda!
© Annette Traks