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Webmaster u.v.a.m.

Elmar Traks

Elmar Traks

Kinder, wie die Zeit vergeht! - El tiempo pasa volando!

 

Wir schreiben das Jahr 2022, und ich kann es kaum glauben, dass es schon 26 Jahre her ist, dass wir unsere Finca im Hinterland eines „idyllischen kleinen Bergdorfes“ (Werbeslogan) in Andalusien als Urlaubsdomizil gekauft haben.

Vor 16 Jahren haben wir dann unsere Zelte in Deutschland ganz abgebrochen, um nach Spanien auszuwandern. Die Zeit ist seitdem wie

im Fluge vergangen; Langeweile hatten wir nie!  Siehe dazu auch unter „Spotlights“: "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?"

 

2012 hatte mein Mann Elmar die Idee zu dieser Homepage, um unsere Eindrücke, Erlebnisse, Erfahrungen sowie generell Wissenswertes festzuhalten und auch anderen Interessierten zugänglich zu machen.

 

Ich selbst stöbere zwischendurch immer wieder gerne in den Artikeln und stelle fest, dass sich besonders in Bezug auf Infra- und Bevölkerungsstruktur sowie das soziale Miteinander einiges verändert hat – vieles jedoch ist gleich geblieben.

 

Ein Resümee:

Das hiesige Tourismusbüro bewirbt unseren Wohnort unverdrossen immer noch mit „kleines idyllisches Bergdorf“. Das kann man mittlerweile getrost als romantische Verklärung oder nostalgische Träumerei ansehen.

Betrachten wir z.B. unser Haus im Hinterland, so waren wir anfangs fast allein auf weiter Flur, im Laufe der Jahre sind dann allein in einem Umkreis von 500 Metern 14 Neubauten hinzugekommen, denen zum Teil urtümliche spanische Arbeitsfincas weichen mussten. Gut, dass wir seinerzeit auf einen unverbaubaren Ausblick geachtet hatten.

Die Gebäude haben Ausländer errichten lassen, um sie als Feriendomizil für sich und Familienmitglieder zu nutzen, zu vermieten oder als Dauerwohnsitz zu beziehen. Mittlerweile haben die Eigentümer bei den meisten allerdings bereits mehrfach gewechselt.

Die Gründe dafür sind meist die folgenden: finanzielle und / oder gesundheitliche Probleme oder einfach enttäuschte Erwartungshaltung.

Siehe dazu auch meine Artikel „Auswandern?“ unter „Wissenswertes“ 

und „Schöner Arbeiten in Spanien?“ unter "Alltagsimpressionen".

 

Vor etlichen Jahren hat man auch im Dorfzentrum selbst und im ortsnahen Bereich begonnen, moderne Wohnblöcke zu errichten – Teile der Natur mussten ihnen weichen.

 

Seit einiger Zeit beobachten wir, dass die starke Bevölkerungs-zunahme zugleich mit einem Generationenwechsel verbunden ist:

Viele vertraute, im doppelten Sinne alte Gesichter sind aus dem Dorfbild verschwunden, weil sie ihr Haus verkauft und in ihr Heimatland zurück-gezogen sind. Nachgerückt sind zumeist junge Leute, viele mit kleinen Kindern. Erstaunlich ist dabei, wie unbedarft, uninformiert, um nicht zu sagen geradezu naiv im Hinblick auf ihre Lebensvisionen etliche hier landen – in Bezug hierauf ist der oben bereits genannte Artikel „Auswandern?“ ebenfalls sehr aktuell.

 

Viele erleben allerdings schon bald einen gewissen Realitätsschock, wenn sie erkennen, dass überraschenderweise Dinge in Spanien anders gehandhabt werden als in ihrem Heimatland oder Spanier einfach eine andere Einstellung / Wertevorstellung zu vielem haben. So mancher Newbie klagt dann sehr und sucht vor allem in den sozialen Medien Zustimmung – die er von anderen ebenfalls unzufriedenen bis gefrusteten Neubürgern meist auch hinreichend bekommt. In der Gruppe Gleichgesinnter fühlt man sich im Recht, stark und überlegen und wird nicht müde, „die“ Spanier und ihre Kultur, Traditionen, Lebensform, Gewohnheiten usw. zu kritisieren – oft unter Geschimpfe mit deftiger Wortwohl. Denn schließlich ist alles, wie man es aus dem Heimatland kennt, das Maß der Dinge, alles andere schlichtweg hinterwäldlerisch und/oder absolut inakzeptabel.

 

„Schön“ zu sehen ist es dabei auch, wie einige sich über „unmögliche“ Zustände aufregen, die zwar mit Einschränkungen verbunden, aber aus sachlichen Gründen durchaus erforderlich sind und sich innerhalb der letzten Jahre sogar positiv entwickelt haben. Ich denke hier aus aktuellem Anlass besonders an das auf Grund der Wasserknappheit im Sommer stets notwendig werdende zwar rigide, aber mittlerweile deutlich verbesserte Wassermanagement des Rathauses.

Aber in einer immer mehr um sich greifenden Ego-Zentriertheit sind die Wenigsten bereit, ihre durch Umzug in ein anderes Land vermeintlich neu gewonnene Freiheit mit den hier gegebenen Umständen in Einklang zu bringen. Ihrer Ansicht nach soll umgekehrt „ein Schuh daraus werden“.

 

Der Tourismus hat nicht nur an der Küste, sondern auch bei uns im Hinter-land enorm zugelegt. Der starke Bevölkerungs- und Besucherzuwachs hat natürlich Auswirkungen auf die Infrastruktur:

Waren die schmalen Zufahrtsstraßen vom Dorf ins Hinterland früher natur-belassen – sprich: unbefestigt, ausgefahren und bei schweren Regenfällen besonders im Winter oft unbefahrbar -, so sind jetzt fast alle asphaltiert (EU sei Dank!) und zu jeder Jahreszeit gut passierbar. Lediglich das Umfahren tiefer Schlaglöcher erfordert manchmal einiges Geschick, ebenso wie Ausweichmanöver, wenn sich 2 Fahrzeuge begegnen.

 

Zu beobachten ist neuerdings folgendes Phänomen:

Die meisten Anwohner haben früher in Anbetracht der Straßenverhältnisse

bei ihrem Auto auf Bodenfreiheit geachtet und sich für einen kompakten SUV entschieden, oder aber für robuste Kleinwagen, wie z.B. den Seat Marbella. Grundsätzlich lautete die Devise „je kleiner und geländetauglicher, desto besser!“ Das Miteinander im Straßenverkehr war in der Regel kein Problem.

Seit einiger Zeit ist die Zahl der Autos stark angestiegen – und das Straßen-bild prägen große Wagen der oberen Preisklasse: Limousinen, Cabrios, Sportwagen und Großraum-SUVs. Das neue Motto scheint zu lauten „je protziger, desto besser“, wie wir es bislang eher aus Marbella kannten.

Die Folge: ein z.T. heilloses Verkehrschaos, verbunden mit einem manchmal schon anarchischen Verhalten („was interessieren mich Verkehrsregeln?“), sowohl auf den engen Campo-Wegen als auch im Ort.

 

Begegnen sich Fahrzeuge, kommt es auf den engen Straßen häufig zu riskanten Ausweichmanövern, und vor allem bei Handwerkern, die eh oft wie Möchte-Gern-Toreros durch die Gegend jagen, zu noch mehr Ungeduld bis hin zu Aggressionen. Unfälle bleiben da nicht aus.

 

Die Parkplatzsituation ist generell katastrophal, aber geradezu horrorhaft während der touristischen Hochphasen.

Nun hatte das Rathaus in Anbetracht dieses Zustands vor ein paar Jahren

die geniale Idee eines mehrstöckigen Parkhauses im Zentrum unseres idyllischen kleinen Bergdorfes, dem ein Park mit Spielplatz zum Opfer fiel. Etwa zeitgleich mit dem Beginn des - immer noch andauernden – Baus verschönerte man aber das Stadtbild mit am Straßenrand fest installierten Blumenkästen, Bänken u.ä. dergestalt, dass Parkmöglichkeiten stark

reduziert wurden.

Viele Fahrer stellen nun ihr Auto ohne Rücksicht auf andere Verkehrs-teilnehmer einfach irgendwo ab, wo Platz ist – und das ist meist auf als Fußweg kenntlich gemachten Randstreifen oder zwischen besagten Blumenkübeln der Fall.

Ob dadurch Fußgänger – auch alte gebrechliche und junge mit Kindern bzw. Kinderwagen - auf die viel befahrene Straße verwiesen oder diese mal eben einspurig gemacht wird – egal, nicht ihr Problem!

Stresssituationen für Leute mit und ohne Gefährt sind vorprogrammiert, das Aggressionspotenzial steigt.

 

Natürlich gibt es auch rücksichtsvolle Autofahrer, die – wenn glücklicherweise zu zweit – sich zu helfen wissen: Der Fahrer – meist der Mann – setzt seine Frau rasch zum Einkaufen ab, während er solange im Schneckentempo seine Dauerrunden um den voll besetzten Parkplatz und die zugeparkten Straßen dreht. Wohl dem, der sich einen Scooter oder ein handliches Quad zugelegt hat!

 

Generell beobachten wir eine zunehmende Egozentrik sowohl bei Neu-Residenten als auch bei Touristen:

Rücksichtnahme, Zuvorkommenheit, elementare Regeln im Umgang mit-einander sind zum Großteil auf der Strecke geblieben. Es entwickelt sich

auch hier zunehmend eine „Ellenbogengesellschaft“, bei der der eigene Vorteil im Großen wie im Kleinen das Verhalten bestimmt.

 

Viele Neu-Residenten frönen dem Rennrad-Sport, vor allem auf den schmalen Serpentinenstraßen zur / von der Küste - gerne in Pulks von bis zu 10 Radlern, zu mehreren nebeneinander und bergab die Kurven schneidend. Als Autofahrer bekommt man ob dieser Rücksichtslosigkeit schon mal Mord-gelüste, zumal man wegen der vielen uneinsehbaren Kurven tunlichst nicht überholen sollte und vor allem bergauf oft lange im 1. Gang hinter den sich abstrampelnden Freizeit-Sportlern hängt, die sich auch von der größten Mittagshitze nicht abhalten lassen.

Nicht alle Autofahrer haben die Geduld, insbesondere der - auch aus LKW bestehende - Berufsverkehr nicht. Die Folge: Es gibt immer wieder Unfälle

mit Radfahrern, auch tödliche.

 

Auf die brillante Idee, dass man ja statt zu mehreren nebeneinander auch hintereinander fahren könnte, kommen viele Radler offensichtlich nicht – stattdessen wird dem Autofahrer, der sich erdreistet, die Straße ebenfalls zu benutzen, gerne ein böser Blick zugeworfen oder auch mal der Stinkefinger gezeigt.

 

Von der veränderten Gesamtsituation sind natürlich auch die Spanier betroffen, und das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Miteinander:

Früher war der Umgang mit den Einheimischen grundsätzlich ruhig, entspannt und sie hatten Zeit, sich ihren Landsleuten sowie Residenten verständnisvoll zuzuwenden. Ich empfehle dazu den Artikel „Einkaufen im Pueblo“ unter „Alltagsimpressionen“.

 

Jetzt allerdings sind sie durch die veränderte Gesamtsituation verständlicher-weise auch oft genervt und gestresst, dabei zweifellos ihrer Mentalität ent-sprechend meist immer noch nett, hilfsbereit, sozial. Oft ist ihnen aber ein gewisses (gequältes) Bemühen und eine Getriebenheit anzumerken.

 

Last but not least noch eine Anmerkung zur allerneuesten Entwicklung:

Nach der von finanziellen Einbußen geprägten Corona-Zeit versuchen viele einheimische und ausländische Betriebe jetzt, den Verlust vor allem durch höhere Stundenlöhne ein wenig auszugleichen und kalkulieren manchmal schon unverschämt hohe Kosten – nicht bedenkend, dass auch ihre Kunden von der wirtschaftlichen Situation betroffen sind.

Nur 2 ganz unterschiedliche Beispiele aus eigener Erfahrung:

Nahm unsere Gartenhilfe, die wir gelegentlich benötigen, vor Corona noch

12 € Stundenlohn, so sind es jetzt 15 €, also +25%.

 Ganz krass ist auch die Kostensteigerung im Gesundheitsbereich: Eine Untersuchung z.B., für die ich jahrelang 70 € bezahlt habe, wird seit letztem Jahr mit 214 € berappt … von der gleichen Klinik, wohlgemerkt!

 

Fazit: Natürlich ändern sich die Zeiten nicht nur in unserem Bergdorf, sondern zunehmend hektisch in nahezu allen Regionen dieser Welt und leider meist nicht zum Guten. Wir verfolgen besonders aufmerksam auch die Entwick-lungen in Deutschland und haben dabei oft das Gefühl, im Vergleich dazu hier immer noch ein ziemlich entschleunigtes Refugium gefunden zu haben. Es hat allerdings nicht allzu viel mit den romantisierenden Wunschvorstellungen vieler Ausländer zu tun, die vom Tourismus-Marketing fleißig mit nostal-gischen Botschaften geschürt werden.

 

     © Annette Traks