… das scheint für viele, die „die schönste Zeit des Jahres“ hier im sonnigen Süden verbringen, nicht nur Ferien von Beruf, häus-lichen Pflichten und Alltagstrott zu bedeuten. Nein, viele scheinen spätestens mit der Ankunft im Urlaubsort auch Zurückhaltung und Benimmregeln wie lästigen Ballast abzuwerfen – ich nehme optimistischer-weise an, dass diese sonst zumindest rudimentär vorhanden sind. Rücksicht-nahme in Bezug auf Lautstärke, abfällige Bemerkungen, Kleidung, das Empfinden anderer etc. deckt sich bei etlichen nicht mit der Vorstellung von Urlaub. Und warum auch? Erstens kennt einen hier doch keiner und zweitens hat man für den Aufenthalt schließlich einiges Geld hingeblättert. Das soll sich nun bitte schön bezahlt machen, Sensibilität anderen gegenüber ist da nicht drin.
Beispiele gefällig? Hier sind einige, die ich besonders bei meinen deutschen Landsleuten immer wieder beobachte:
Da erscheinen viele – Männlein genauso wie Weiblein und Kinder – in minimalistischem Outfit im Supermarkt des Küstenortes. Das kann ja durchaus ein netter Anblick sein, doch es ist wie verhext: Meist handelt es sich hierbei ausgerechnet um die unattraktivsten Exemplare der Gattung Mensch!
Da schaukelt dann der nackte Bierbauch wie eine Lebend-Reklame vor dem Spirituosen-Regal und die Cellulite geplagten Oberschenkel präsentieren sich eher als Anti-Werbung vor dem Kosmetikregal. Das knappe Bikini-Oberteil der vollbusigen Kundin, die ihre Oberweite undekorativ in die Verkaufsgondel hängen lässt, wirft die Frage auf, ob diese vielleicht gerade nach einem Outfit in ihrer Größe sucht. Und der nackte Popo des vergnügt im Einkaufswagen herum-springenden Kleinkindes lässt vermuten, dass die knapp betuchten Eltern wohl noch nichts von der Erfindung der Windeln gehört haben.
Auch lautstärkemäßig dreht so mancher voll auf: Da erfragt man quer durch den Supermarkt von der anderweitig beschäftigten Begleitung Bedürfnis und Bedarf an Lebensmitteln. Oder es wird von einem Ende der Strandprome-nade zum anderen gerufen, und wenn die Distanz zu groß ist, auch gerne mal scharf der Familienpfiff zu Gehör gebracht, dabei heftig gestikulierend. Motto: Nimmt auch jeder gebührend von mir Notiz? Ich bin's nämlich, der hier das Kommando hat!
Besonders wichtig ist es einigen Restaurant-Besuchern, dass ihre Ansicht - zu welchem Thema und wie unqualifiziert auch immer – von anderen Gästen gehört wird. Schließlich reicht es ja, wenn man zu Hause auf der unteren Hierarchie-Ebene angesiedelt und die eigene Meinung daher selten er-wünscht ist. Aber hier im Urlaub, da schmeichelt es dem geschundenen Ego, wenn einem wenigstens ein paar Leute zuhören – und sei es zwangsweise, egal! - und der eine oder andere vielleicht sogar noch beifällig nickt.
Ganz besonders peinlich wird es, wenn das lautstarke Geschimpfe über das Gastland anhebt: Nicht einmal Deutsch können die Spanier hier, die Preise – viel zu hoch!, die Straßen zu schlecht, die Maut unverschämt teuer, die Sonne zu heiß, das Essen ganz anders als in Deutschland, und mit der Reinlichkeit ist es auch so eine Sache!
Da kann man nur inständig hoffen, dass die derart Geplagten die Lehre daraus ziehen und das nächste Mal ein anderes Urlaubsziel ansteuern oder gleich zu Hause bleiben!
Essmanieren? Für Groß und Klein zum Teil kein Thema im Urlaub (vielleicht auch sonst nicht??). Messer und Gabel benutzen? Pah! Wozu hat man zwei geschickte Hände und lange Arme. Egal, ob Fleisch, Pommes, Salat … - kein Tisch ist zu groß, als dass man nicht quer darüber langen könnte. Kommen sie nicht von alleine auf die Idee, so werden Kinder ggf. dazu ermuntert, sich auf den Stuhl zu knien, um ihre Reichweite zu optimieren.
Andererseits muss man bei einigen Besteck-Usern jedoch einen „Selbstmord mit Messer und Gabel“ befürchten, sodass es manchmal wirklich nicht leicht fällt zu entscheiden, welcher Anblick schwerer zu ertragen ist: das Essen mit oder ohne Besteck.
Besonders Väter beweisen gerne, wie sehr sie sich im Urlaub um ihre Sprösslinge bemühen: Je lauter das beiderseitige Gejuchze, je wilder das Getobe – besonders gerne auch an so strate-gisch günstigen Stellen wie im Supermarkt – desto intensiver das Kümmern! Ein gelegentlicher Beifall heischender Rundum-Blick zeigt Super-Daddy, ob er auch von einer großen Gemeinde als solcher wahrgenommen wird oder ob es nötig ist, noch ein paar Phon draufzulegen – kein Problem!
Vergleichbares gilt übrigens auch für Ferienhaus-Mieter: Die Lautstärke des im Pool mit dem Nachwuchs plantschenden und kreischenden Papi soll dem Kind vermitteln: „Hey! Dein Daddy ist der Größte!“ Der Frau wird signalisiert: „Sieh her, ich bin der tollste Vater, den Du für Deine Kinder bekommen konntest!“ Und in Bezug auf Nachbarn lautet die Botschaft: „Hört Ihr's auch alle, wie ich mich um mein Kind kümmere, während meine Frau entspannen kann?!“
Zum Urlaub gehört auch Musik, laute Musik. Und da man das ausgewählte Programm logischerweise gut findet, soll auch gleich die nähere und weitere Umgebung mitbeschallt werden. Dass andere möglicherweise - und erst recht nachts – ihre Ruhe haben wollen oder einen anderen Musikstil bevorzugen – welch abwegige Idee!!!
Urlaubszeit – die schönste Zeit des Jahres???? Zumindest für Residenten nicht immer!! Weshalb jetzt sicher ein Besuch im von einem Gutteil dieser Typen „entblößten“ Deutschland nicht die schlechteste Idee ist.
© Annette Traks